5.12.2021. Francisco Cileas Oper „Adriana Lecouvreur“ spielt in der Barockzeit und wird meistens auch so ausgestattet, aber die Musik klingt wie Spätromantik, also wie bei Puccini (1858 – 1924). Beschwingt, auch anmutig wie in einer barocken Schäfer-Idylle, aber im Finale des vierten Aktes voller Leidenschaft und mit tiefen Gefühlen, wie in Mondschein-Nächten. Da stören allerdings die steifen, gepuderten Barock-Kostüme, obwohl sie zur Handlung gehören. Davon gibt es eine Filmaufzeichnung, mit Mirella Freni und Peter Dvorsky, Mailänder Scala 1989. Hier ist der 3. Akt:
https://www.youtube.com/watch?v=xS6zLlBH7tw
Opern aus der Barockzeit wurden früher mit viel Zuckerguss aufgeführt, mit weißen Puderperücken, breiten Kleidern aus kostbarem Samt und vielen goldenen Kronleuchtern. Dazu gehören auch die Bühnenwerke von Händel (1685 -1795). Vor dreißig Jahren änderte sich das, auch iIn München. Intendant Peter Jonas sorgte ab 1993 dafür, dass die Stücke moderner aussahen. Er liebte aktuelle Kinofilme, aber auch bei der Modernisierung von Barockopern.
Die bekannte Krimi-Autorin Donna Leon, Jahrgang 1942, reiste sogar extra aus Venedig an, um sich ihre Lieblingsmusik von Händel in München anzuschauen. Ich habe mir ein Autogramm abgeholt, aber sie schaute ganz erstaunt, weil ich nicht einen ihrer nerven-zerreißenden Thriller in der Hand hielt, sondern den Klassiker des chinesischen Generals Sun Tsu (564 – 496 vor Chr.): „Die Kunst des Krieges“. Dazu schaute Donna Leon (Frau Löwe) ganz überrascht, unterschrieb dann aber auf der Titelseite, kommentarlos. Anscheinend kannte sie das Buch nicht. Wenn man den Namen Sun Tsu eintippt, in die Such-Funktion rechts oben auf dieser Seite. bekommt man sofort über 70 eigene Artikel. Die berühmte Autorin sehr spannender und realistischer Mordgeschichten in Venedig, weiß – vielleicht – auch nichts über die Parallelen zwischen ihren Büchern und dem chinesischen Klassiker über die Strategie, die besten Kampfmethoden in einem tatsächlichen Krieg.
In München wurden damals viele klassische Opern modernisiert. Bei der „Arabella“ von Richard Strauss (1864 – 1949) saß die völlig verarmte Titelheldin, in einem Wiener Hotel, auf einem riesigen Berg von Schuldscheinen. Es sah sehr hässlich aus, doch ich habe trotzdem durchgehalten. Aber mehr als zehn Jahre nicht. Ein Einzelfall war das nicht.
Den Intendanten Peter Jonas (1946 – 2020) habe ich im Frühjahr 2019 „zufällig“ in der Straßenbahn getroffen. Der Wagen war fast leer, aber er setzte sich genau gegenüber, in Blickrichtung. Daraufhin habe ich seine Begleiterin kurz angesprochen, „Wie finden Sie Klaus Bachler?“ Das war der Nachfolger von Jonas, im Jahre 2006. Sie war von Bachler begeistert, und Peter Jonas ergänzte: „Wir sind befreundet!“. Er sah elegant aus, mit einem grün karierten Winter-Schal, wie ein vornehmer Engländer. Er war damals schon jahrelang weg von der Oper und Rentner.
Wir haben uns nur kurz, höflich unterhalten, aber nach fünf Haltestellen stiegen die beiden aus. Ich habe ihnen einen „guten Nachmittag“ gewünscht, von Herzen. Aber in die Münchner Oper ging ich damals schon, seit Jahren nicht mehr. Die Erinnerungen kann Niemand zerstören, Vieles davon gibt es auch als Filmaufzeichnungen. Dabei kann Jeder selbst entscheiden, was zu ihm passt. Und es gab immer ein paar Musikfreunde, die meine Ansichten auch teilten. In Münster sah ich, ab 1991 die ersten Opernaufführungen, damals in einer so hohen Qualität, wie sie später gar nicht mehr gezeigt wurden.
Weil der Staat zur Zeit Milliarden Euro ausgibt statt endlich zu sparen, kommt die Abschlussbilanz erst noch. Viele Förderungen und Subventionen werden wegfallen, erst jetzt denkt man darüber nach. Im Kapitel „Die Gesetze der Ökonomie“ findet man die meisten Fehler dazu. Aber ein Ende ist das noch nicht.
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