Ameisenhügel

6.7.2021. Jeder wimmelnde Ameisenhügel hat eine angeborene, strenge Organisation, an der sich nichts ändert und deren meiste Mitarbeiter Arbeitssklaven sind. Alles, was sich auf dem Planeten Erde bewegt, ist organisiert. Nur die Matrix, die übergeordnete Schalttafel, unterscheidet sich gewaltig. Sie enthält alle Elemente, die das Gesicht und die Form einer gesamten Einheit abbilden. Wenn dabei Störungen auftreten, reparieren sie sich entweder selbst, bekommen Unterstützung oder brechen zusammen.

Diese Idee ist ein Weltprinzip, zwar neben anderen, aber doch extrem wichtig. Es ist spannend, die Spuren zu finden und zu erforschen. Es passt zu jedem Thama, das sich mit Fortentwicklung beschäftigt. Um überhaupt den Durchblick zu behalten, kann man sich auf einzelne Beispiele beschränken und auf den großen Rahmen nur hinweisen. Auch dabei ist leider nur eine Minderheit aktiv. Die Mehrheit läuft im rotierenden Hamsterrad, das sich pausenlos  um die eigene Achse bewegt, wenn nur jemand auf den Seitenflächen herumläuft. Dieses Muster ist sogar die Voraussetzung für das Verständnis sehr komplizierter Strukturen, die auf den ersten Blick nur aussehen wie ein wimmelnder Ameisenhaufen.

In den ersten Lebensjahren funktionieren so das Elternhaus, die Straßen-Nachbarn und die Schule. Das hat geographische feste Grenzen, die auch stören, aber es gibt Zeit genug, die Pflanzen in einem Blumengarten nach ihrem Äußeren einzuordnen und die Nachbarskinder nach ihrer Erträglichkeit. Die Schule erweitert diese Möglichkeiten, und spätestens mit dem Abitur gilt der Befehl, selbst Geld zu verdienen. Früher gab es zunächst die Militärpflicht für Alle, ein Schock, weil körperliche Anstrengungen dominierten, kurze Befehle sofortigen Gehorsam verlangten und der eigene Verstand auf Sparflamme lief. Spätestens mit zwanzig Jahren öffneten sich die großen Tore zum Studium oder zum Berufsleben. Das war auch extrem durchorganisiert, aber dort zeigten sich die größten Fehlerquellen und Informationslücken. Heute ändert sich das, weil Rechnerprogramme grundsätzlich alle Mängel finden. Vor fünfzig Jahren herrschte noch der enge körperliche  Schulterschluss. Kollegen, die sich zu sehr anfreundeten und gemeinsam auch die Unfähigen auf wertvolle Plätze schoben. In den Parlamentsgebäuden gibt es lange Flure, die Lobby mit ihren Pausenräumen. Dort leben Lobbyisten, die persönliche Kontakte pflegen und schmieren. Bei Abstimmungen bleiben sie unsichtbar, aber ihre Spuren sind an den Ergebnissen erkennbar: Mängel in neuen Gesetzen und Rechtsverordnungen, die einzelnen Großfirmen Gewinne bescheren, aber die Allgemeinheit belasten.

Beispiele sind deshalb überflüssig, weil Jeder sie selbst finden kann und es hier nur um die Systematik geht, die verwendeten Kochrezepte. Wenn sie bekannt werden, folgt ein Skandal mit viel Lärm und gespielter Empörung. Die schlimmsten Einzelfälle werden dann bereinigt und verwischt, aber die Abläufe ändern sich nicht. Erinnerungen und Vergleiche festigen solche Bewertungen. Sogar der Blick zurück in die Kinderzeit. Selbst Zuschauer ohne Fachausbildung erkennen grobe Auffälligkeiten.

Gespeichert werden sie zunächst als wortlose Bilder, aber sie haben eine Leuchtkraft, die andere Fakten ansaugt und sammelt. Selbst nach vielen Jahren werden plötzlich versteckte Zusammenhänge sichtbar, die in Kleinstädten noch klarer sind. Die Machtmenschen, die zwar treue Mitarbeiter haben, aber auch Gegner. Und die Mehrheit als Zielscheibe und Opfer. Der Mitarbeiter einer Firma, die eine ganze Region beherrschte, sagte mir nebenbei, „Unser Chef ist befreundet mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer.“ Im Klartext: Widerspruch oder Prozesse sind zwecklos. Unsere Grenzstadt mit 25.000 Einwohnern  wurde von einem Kreisdirektor geleitet, mit dem wir nie etwas zu tun hatten. Wer aber seine Beamten besuchen wollte, musste mit mehreren Bussen drei Mal umsteigen, das verlangsamt die Geschwindigkeit und die Problemlösungen. Die Großstadt München verwaltet sich selbst im Rathaus. Eine Menge Arbeit. Unauffälliger ist die Regierung von Oberbayern, die das ganze Voralpenland regelt, ganz nahe an der vorbeiauschenden Isar, nicht weit vom Parlament des Bayerischen Landtags, der Gesetze für alle Regionen beschließt. Sie arbeiten gut zusammen, mischen sich nicht gegenseitig ein und vermeiden Streitereien. In kleinen westfälischen Grenzstädten gelten die gleichen Regeln, als Einwohner, in Sichtweite, bekommt Jeder aber noch viel mehr mit.

Trotzdem spielt das  in den ersten Lebensjahren keine Rolle. Der Garten am Elternhaus war groß, die nahe Straße zu gefährlich für Kleinkinder. Natureindrücke beherrschten den Blickwinkel: Weiße Wolken am Sommerhimmel. Sonnenuntergänge. Der klare Nachthimmel mit einem Meer von blitzenden Sternen. Auch diese Bilder sind unauslöschlich, wenn sie sich vermischen mit späteren Eindrücken.

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