Barcelona 1986

1986 ging der letzte Urlaub, von Westfalen aus nach Spanien. Geplant war damals zuerst Südfrankreich, aber dort war es schon unterwegs so teuer, dass nach einer einzigen Übernachtung in Perpignan, es gleich weiter ging, über die nahe Grenze, direkt in die Region Barcelona.

Die Tage danach vergingen rasch, in einem früheren kleines Fischerdorf, mit gepflegten Hotels und niedrigen Preisen. Tagsüber zog ich allein durch die Gegend, abends wurde, gemeinsam spanisch gegessen und getrunken. Der Kontakt zu Einheimischen war leicht, aber nach zwei Wochen ging es wieder zurück nach Norden. Wieder durch Südfrankreich, nicht weit von Avignon, dann kam die Grenze, in Freiburg und noch eine Übernachtung, in Konstanz am Bodensee.

Viele Details waren danach weg in der Erinnerung. Aber sie waren nicht ausgelöscht. In den letzten Wochen tauchten sie plötzlich wieder auf, immer detaillierter. Und dann auch die Gründe dafür.

Ein Auslöser war die Londoner Norma Inszenierung von 2016, über die ich kürzlich mehrmals berichtet habe. Das ist jetzt erledigt, aber die Inszenierung stammt von dem Spanier Alex Ollé, mit dem ich mich deshalb kürzlich auch etwas näher beschäftigt habe. Er ist einer der Leiter der katalanischen Theatergruppe „Fura dels Baus“, die mir schon mehrfach aufgefallen ist, weil sie außergewöhnliche, eigene Operninszenierungen verfilmt hat.

Gestern schrieb ich über die bemerkenswerte, bisherige Arbeit der Gruppe, mit dem Titel „Die spanische Wunderkraft“. Hier kann man das lesen: :

https://luft.mind-panorama.de/die-spanische-wunderkraft/

Wiederholungen sind deshalb nicht notwendig. Aber es tauchten ganz andere Assoziationen auf, Gedankenbrücken. Alex Ollés großartige Londoner Norma-Inszenierung von 2016 wird im übernächsten Jahr, 2022, wieder aufgenommen und in Barcelona gezeigt.

Deshalb ist jetzt plötzlich Vieles wieder da, was schon vor vielen Jahren zur häufigen Lektüre gehörte. Die historische Geschichte der Katharer, die vom 12. bis 14. Jahrhundert im nahen Südfrankreich, in den Pyrenäen, ihre letzte Burg hatten, Montségur. (Der sichere Berg). Die selbstbewussten Katharer (Ketzer) hatten einen eigenen Glauben, dass nur das Sonnenlicht als Gott anzusehen war. Das Gleiche hatte der ägyptische Pharao Echnaton, der von 1351 – bis 1341 v. Chr. regierte, schon dreitausend Jahre vorher, sogar zum alleinigen Staatsglauben für Ägypten festgelegt. Aber hier war das, dieses Mal, ein schwerer Verstoß gegen das harte kirchliche Dogma, das nur der katholischen Kirche den alleinigen Platz, für einen einzigen Glauben aller Christen frei ließ. Deshalb entsandte der Papst aus Rom ein schwer bewaffnetes Heer, in einem eigenen Kreuzzug, zu den Katharern. Ihre letzte Zuflucht war die Burg Montségur. Nach langer Belagerung gaben sie dort auf und wurden sofort, vor den eigenen Stadttoren auf Scheiterhaufen als Ketzer verbrannt.

Damals entstanden Legenden, die sich in ganz Europa verbreiteten. Die wichtigste Gestaltung hat Wolfram von Eschenbach (1160 – 1220) geschaffen, in seinem bilderreichen Roman „Parzival“. Den Stoff griff später Richard Wagner (1813 – 1883) auf, in seinem Frühwerk „Lohengrin“ und noch einmal in seinem Schlusswerk „Parsifal“. Außerdem enthalten sein „Tannhäuser“, „Tristan“ und die „Meistersinger“ starke Bezugnahmen, Querverbindungen zu dieser mittelalterlichen Ritterwelt in Südfrankreich.

Das Alles habe ich 1986 noch gar nicht gewusst, aber jetzt tauchten immer mehr Querverbindungen auf, in der Erinnerung. Im August 1986 sah ich, nur zwei Monate nach dem Spanien-Besuch, am Grünen Hügel eine exemplarische Tristan-Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle, mit den damaligen Stars Caterina Ligendza und Peter Hofmann, und mit märchenhaften Traumbildern. Zum Beispiel ein riesiger Baum, der im zweiten Akt die ganze Bühne ausfüllte und mit wechselndem Licht angestrahlt wurde.

So vermischen sich Erinnerungen und werden deshalb manchmal auch stärker. Denn vom nordspanischen Barcelona bis zum südfranzösischen Lyon gibt es viele Spuren zu größeren Ereignissen, die bis heute nachwirken.

Das ist bei jedem Menschen so. Aber es funktioniert bei Jedem anders. Das kann er selbst feststellen.

Neben der Lichtreligion der Katharer hat mich 1986 noch ein zweites großes Thema beschäftigt: Salvador Dali (1904 – 1989). Er malte klare, fotorealistische Bilder, die aber, bei näherem Hinschauen, eine ganze, verborgene Welt verhüllten, die man deuten kann.

Am 8.8.20 habe ich dazu einen Artikel geschrieben:

„Salvador Dali – die zerrinnende Zeit“

https://luft.mind-panorama.de/salvador-dali-die-zerrinnende-zeit/

Dali wohnte nördlich von Barcelona. Noch zu seinen Lebzeiten habe ich seine Privatvilla in Figueres gesehen. Die kleine Stadt ist sein Geburtsort, und dort starb er auch. Die Fenster waren geschlossen. Aber der Garten trug seine Handschrift. Neben vielen Einzelheiten war auffällig, dass er dort zahlreiche, identische Skulpturen von Richard Wagner verwendet hatte. Er liebte also dessen Werke. Gleichzeitig ist bei Dali der Einfluss von Sigmund Freud unübersehbar. Beide Giganten ergänzen sich. Als Dritter gehört dazu noch Wieland Wagner (1917 – 17.10.1966), der die Werke seines Großvaters mit einer Bildersprache vertiefte, die ihn als geistig Verwandten der beiden anderen erkennbar macht. Wielands früher Tod jährte sich, gerade vor sechs Tagen. Von Gedenkfeiern ist nichts bekannt, aber das wird sich ändern.

Meine Artikel nehmen solchen Genies gar nichts weg, sondern machen sie besser verständlich. 54 Jahre nach Wielands Tod, in der Münchner Nussbaumklinik, kann man daraus eine wertvolle Dauer-Ausstellung machen, im ersten Stock des Siegfried-Anbaus, gleich neben der Villa Wahnfried. Dokumente dazu gibt es genug, auch ich würde aus meiner Privatsammlung gern etwas dazu beitragen. Aber das Projekt dürfte nicht in einer allgemeinen Ausschreibung vergeben werden, nach Mehrheitsbeschluss, sondern anerkannte Experten, mit überdurchschnittlichen Spezialkenntnissen, müssten vom Stiftungsrat dazu ernannt werden. Die Bewerber werden Schlange stehen.

Auch für die Umbauten muss natürlich Geld investiert werden. Wenn das Ergebnis gut ist, braucht Niemand neidisch zu sein, wegen der finanziellen Größenordnung. Dafür ist jeder einzelne Euro gut angelegt. Und es wird während des ganzen Jahres eine gute Einnahmequelle sein, nicht nur zur begrenzten, bisherigen Festspielzeit im Juli-August.

Das funktioniert, mit Sicherheit. Gestern Vormittag habe ich dem bereits erwähnten spanischen Opernregisseur Axel Ollé, folgendes Mail geschickt: „Dear Mr. Ollé, in my website I wrote some comments, about your Norma-Production in London. They are written in German language, but I think it is no problem, for one of your friends to translate it. Here they are.  Friendly regards.“

Schon drei Stunden später, antwortete eine Mitarbeiterin: „Thank you very much for your message and for sharing your comments. 
I forwarded it to Àlex Ollé. He sends his greetings.  We would like to share with you that this production „Norma“ will be staged at Liceu Opera (Barcelona) in July 2022. All the best.“ 

Das war kurz und deutlich, braucht deshalb auch keine neue Antwort. Aber meine Gedanken sind offensichtlich verstanden worden. Gestern haben insgesamt 91 Leser diese Webseite angeklickt. Die Meisten interessierten sich für die erwähnten Artikel über Axel Ollé und seine katalanische Gruppe „La Fura dels Baus.“

Auch bei ganz anderen Themen gab es Resonanz, immer von den direkt Betroffenen. Das geht prinzipiell Niemanden etwas an, aber es ist gut, zu wissen, wenn daraus ernst gemeinte Projekte werden. Und nur das wird für Alle interessant, nicht Sensationen und Enthüllungen. Es läuft einfach von selbst.

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