30.8.2021. Kritik ist so etwas wie die Beleuchtung eines dunklen Raums. Wenn ein Bild keine dunklen Flächen hat, kann das sehr langweilig werden. Wird etwas zu grell beleuchtet, ist das für die Zuschauer unangenehm. Helles Licht ist auch nichts für die Dunkelmänner mit den schwarzen Händen. Werden bei der Beleuchtung Fehler gemacht, hilft das Hamburger Pressegericht und schickt eine schlechte Beurteilung. Bei Beleidigungen und schlimmeren Straftaten reicht eine Anzeige bei der nächsten Polizeistation.
Wer sich zu viel damit beschäftigt, fällt aus dem Rahmen, wenn er nicht beruflich damit zu tun hat. Oder er hat persönliche Erfahrungen, die auch für Andere nützlich sein können. Jeder einseitige Fanatismus ist abschreckend. Das Geheimnis ist die Mischung möglichst vieler Elemente. Viele Jahre lang war ich gern in Lokalen mit Biertheken, weil dort auch unbekannte Nachbarn auftauchten, mit denen eine konzentrierte Unterhaltung sich lohnt. In den letzten zwanzig Jahren hat sich das verschlechtert. Das dumme Zeug bekam immer mehr Stärke, und aufdringliche Belästiger loszuwerden, kann ein Kraftakt sein.
Trotzdem bleibt es dabei. Ein guter Dialog kann auch mit Lesern stattfinden. Selbst wenn sie anonym bleiben. Man erkennt sie an ihren Reaktionen. Früher ist es oft passiert, das unbekannte Leute mich aufmerksam anschauten und dann im Gespräch auf solche Stichwörter reagierten, deren Zusammenhang nur auf dieser Webseite zu finden ist. Das sollte man auf keinen Fall sofort erwähnen, weil sie sonst erschrecken oder unfreundlich werden. Weiß man das, kann man sich viele Dummheiten sparen. In einem menschenleeren Schwabinger Lokal setzte sich vor fünf Jahren, im November, ein unbekannter Herr zu mir, mit den Worten, „Sie sehen so aus, als ob sie sich ein Gespräch wünschen.“ „Nein, draußen wird es langsam dunkel, das Licht ist zu schlecht zum Zeitunglesen, und ich wollte gerade gehen.“ Da setzte er sich einfach dazu und stellte sich, ohne seinen Namen zu nennen, als Chefarzt einer Münchner Klinik vor. Dann haben wir uns lebhaft, über Ärzte-Fehler unterhalten. Darüber schreibe ich oft, vor Allem beim Thema „Psychoanalyse“. Nach einer Stunde hat er sich verabschiedet, sagte aber zur Kellnerin, „Dem Herrn spendiere ich noch ein Bier.“ Erst zehn Minuten später entdeckte ich, dass er auf seinem Sitzkissen eine sehr gute, vergoldete Lesebrille liegengelassen hatte. Ich habe der Kellnerin meine Anschrift und Telefonnummer gegeben, damit er die Fundsache sofort zurück bekam. Aber bis heute hat er sich nicht mehr gemeldet. Eine derartige Form des Danks gibt es nur, wenn der Spender mich kennt. Persönlich auf keinen Fall, also war er einer meiner Leser.
Das war kein Einzelfall. Leider bin ich wegen meiner Beiträge auch schon beschimpft und belästigt worden, aber immer nur auf eine derartig unauffällige Art, dass dabei schlechte Rollen gespielt wurden, zum Teil mit Perücken und Verkleidungen. deren tatsächliche Identität aber, aus ihrem schlechten Benehmen, sofort erkennbar war.
Eine Beschwerde ist das nicht. Jeder weiß, wie autoritäre Staaten mit ihren Kritikern umspringen. Körperliche Gewalt habe ich noch nie erlebt. Aber zu unserem Staat passen solche Schauspielereien auch nicht. Ich schreibe hier gern über Kinofilme, habe schon oft mit Mitwirkenden und ihren Chefs geredet, weiß also, wo sie die größten Probleme haben. Das ist das Verschwinden der Zuschauer und der damit verbundenen finanziellen Einnahmen. Dazu gibt es hier bereits 48 Artikel. Einen jungen Schauspieler traf ich gelegentlich in der Straßenbahn. Aber er fuhr immer nur 4 Stationen mit, egal von welcher Haltestelle aus. Also hatte er den Auftrag, keine längeren Gespräche mit mir zu führen. Zwar war das auch kein Einzelfall, aber so lernt man die Filmbranche noch besser kennen als so, wie sie sich selbst beurteilt.
Das stärkste Stück hat sich gar nicht in München abgespielt. Im Eingangsraum einer nicht sehr bekannten Organisation sagte ich einem freundlichen Mitarbeiter einen harmlosen Satz, eine Tatsache, die ihm unbekannt war. Aber er hat es später überprüft. Beim nächsten Besuch stand er plötzlich wütend und schreiend vor mir, „Was reden Sie denn da über uns?“ Er kam trotzdem kurz mit, vor die offene Eingangstür. Dort war genug frische Luft zum Abkühlen. Ich fragte ihn, „Habe ich irgendetwas Schlechtes über euch gesagt?“ „Nein.“ „Dann geben Sie mir jetzt die Hand.“ Danach wollten wir uns sogar zum Essen treffen, aber das hat er kurz vorher abgesagt, mit der Begründung, „Es fehlen die Voraussetzungen.“ Bei wem? Bei mir jedenfalls nicht, denn sonst hätte er sich nicht so heftig aufgeregt. Wieder hatte ein Unsichtbarer sein Machtwort gesprochen. Wer das war, interessiert mich nicht, aber man darf darauf hinweisen, dass ich hier auch über solche Formen des Unsichtbaren schreibe, die wegen ihrer Merkmale, schnell eine unverwechselbare Form bekommen. Das wiederum soll Niemanden bloß stellen oder lächerlich machen, sondern die Urteilsfähigkeiten verbessern.
Der Zirkus ist auch überflüssig. Meine Feinde kennen mich nicht wirklich, sonst wäre das nicht passiert. Nietzsche hat dafür eine ganz eigene Definition gehabt. Taranteln (Giftspinnen) sind für ihn Menschen, die schwere Enttäuschungen erlebt haben, darum sind sie voller Rachegedanken. Ich habe überhaupt keine Rachegfühle. Ich lehne nur Geschwätz, Hinterlist und Zeitverschwendung ab.
Wer tatsächlich nicht will, dass seine Gedanken kritisch betracht werden, ist auch keine Tarantel, sondern eingeladen, den Dialog einmal auszuprobieren. Ich kenne schon lange einige, sogenannte Prominente, die überhaupt nicht arrogant sind. Einer hat das so begründet: „Arroganz ist ein Zeichen von Dummheit.“
Das stimmt. Der Phsyiker Albert Einstein zweifelte sogar daran, ob das physikalische Universum wirklich größer ist als die menschliche Dummheit. So pauschal ist das zwar falsch, aber es wäre nicht schlecht, wenn man das auch persönlich, aus eigener Anschauung bewerten kann. Das geht ganz schnell, weil alle Auffälligkeiten sich erklären lassen. Auch das ist ein Dauerthema hier. Meine wirklichen Freunde kenne ich auch nicht lückenlos. Aber selbst wenn man sie niemals trifft oder anschaut, wissen sie, dass sie dazu gehören. Oder nicht.
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