12.8.2019. „Am Anfang war das Wort.“ Damit beginnt das Alte Testament: Die Erschaffung der Erde aus dem Nichts. In der griechischen Urfassung klingt „Das Wort“ etwas anders, nämlich „Logos“. Das bedeutet Denken, Logik, Verstand. Dabei fehlen Phantasie. Ideen. Hoffnungen.
Diese Erklärung bekam ich an einem Weihnachtstag vor fünf Jahren von einer griechischen Professorin, die in Athen beim Innenministerium beschäftigt war. So tiefsinnig hatte ich das noch nie gehört. Aber das Pech der hohen Staatsbeamtin war, dass sie mit einem kräftigen russischen Akzent sprach, und bei einem späteren Auftritt im Fernsehen wurde ihr vollständiger Name eingeblendet. Vorname „Jelena“. Insgesamt also eindeutig eine Russin. Ob sie in ihren Gutachten auch so leicht die Unwahrheit sagt? Das kann schlimme Folgen haben. Sie war etwa sechzig Jahre alt und teuer gekleidet, mit wertvollem Schmuck aus dunklem Altgold, verdiente also gut, wahrscheinlich in einer Moskauer Spitzenposition.
Ich liebe die rrussische Seele. Aber den Seelentröster Wodka vertragen längst nicht Alle, obwohl es ein beliebtes „hochgeistiges“ Getränk mit einigen hochprozentigen Geschmachsverbesserern ist. Bei der mehrtägigen Bekanntschaft mit einem jungen Russen, der in Moskau Architektur studiert hatte, aber mangels Arbeitsangeboten sein Geld im harten deutschen Straßenbau verdiente, war er beim gemeinsamen Bier immer friedlich. Aber als Überraschung brachte ein echter Wodka die Stimmung ganz rasch zum Umkippen, weil er aggressiv wurde und trotzdem nicht mit dem Trinken aufhörte.
Als breites Panorama der russischen Revolutionzeit vor hundert Jahren ist der Kinofilm „Doktor Schiwago“ einem breiten Publikum bekannt. Im Vordergrund stehen nicht die gewaltsamen politischen Umwälzungen, sondern farbenprächtige Landschaften, verschneite Häuser in einsamen Regionen und eine dick aufgetragene Liebesgeschichte. Die Prodzenten bekamen ein offizielles Angebot, an den Originalschauplätzen zu drehen, aber damals herrschte der feindselige Kalte Krieg zwischen Westen und Osten. Deshalb wurde der Moskauer Rote Platz aufwändig in einem spanischen Studio in Madrid nachgebaut. Für die Winterszenen ging man nach Finnland.
Der Autor des Stoffs, Boris Pasternak, sollte für sein Buch 1958 den Nobelpreis für Literatur bekommen, aber die russische Regierung verhinderte das, weil Pasternak in seinem Werk die siegreiche kommunistische Revolution deutlich kritisiert hatte. Pasternak wusste, dass er pausenlos vom russischen Geheimdienst überwacht wurde.
Das ist längst Geschichte. Sogar Alexander Solschenizyn ( 1918 – 2008 ), der die sowjetischen Straflager in aller Ausführlichkeit kritisiert und beschrieben hatte, bekam einen freundlichen Besuch von seinem Staatschef Wladimir Putin und einen Händedruck. Die versöhnliche Szene wurde gefilmt und der Öffentlichkeit gezeigt. Noch deutlicher wurde Putins Vorgänger Boris Jelzin. Er ging an der Spitze des Trauerzugs für die in Jekaterinburg ermordete letzte Zarenfamilie und leitete den feierlichen Staatsakt persönlich. Nach dem Fall der Berliner Mauer hielt Putin im damaligen Bonner Bundestag eine temeperamentvolle Rede in deutscher Sprache, in der er nicht über Fehler der Vergangenheit klagte, sondern für die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit deutliche Worte fand.
So ändert sich Alles. Russland ist immer noch ein riesiger Flächenstaat, und die Geographie, die Größe des staatlichen Machtbereichs, verliert an Bedeutung zugunsten der geistigen Energie, dem anfangs erwähnten „Logos“, aus dem sich der gesamte Fortschritt der Menschheit in immer gewaltigeren Dimensionen erweiterte, trotz aller Fehler zu Qualitätssprüngen führte, die vorher für die Mehrheit kaum vorstellbar waren.
Wegen der frostigen Temperaturen sind riesige Flächen in Russland noch nicht erschlossen und genutzt. Hier wird eine Technik, die bisher noch gar nicht entwickelt worden ist, für bessere Erträge sorgen. Kälteregionen wie Sibirien haben längst Fabriken. Die Menge und Qualität zahlreicher Produkte kann gesteigert werden und damit das Gesamteinkommen für Alle und deren Handel mit anderen Staaten.
Zar Peter der Große ( 1672 – 1725 ) ließ in einem öden Sumpfgebiet den einzigen Ostseehafen seines Landes bauen, die Verbindung zum Weltmeer und den dortigen Staaten. In Sankt Petersburg schufen italienische Architekten eine märchenhafte barocke Residenzstadt.
Vor der Oktoberrevolution war Russland eine Großmacht. Sein Einfluss heute ist größer als allgemein bekannt und wird noch oft ein eigenes Thema sein.
Das optische Bild von Russland im Menschheitsgedächtnis hat schon lange eine eigene Kraft. Basiliken mit bunten Zwiebeltürmen. Russisch-orthodoxe Choräle. Ikonen mit Heiligenbildern. Das gehört auch heute wieder zum Alltag und wird nicht bekämpft.
Für den Kinofilm „Doktor Schiwago“ hat der französische Komponist Maurice Jarre alle Register gezogen. Slawische Klänge für großes Orchester. Kosakenchor und Zarenhymne bereits im Vorspiel, während der Vorhang noch geschlossen ist. Dieses eindrucksvolle Stück war auf YouTube nicht so schnell zu finden, dafür folgt hier ein musikalischer Auschnitt mit den Originalszenen: