Bunte Modetrachten, teures Bier

26.9.2015. Wer das Oktoberfest besucht, ist in der Stadt schon vorher erkennbar. An der aufgedonnerten bayerischen Tracht, die nicht immer mit Tradition zu tun hat, sondern mit buntem modischen Schnickschnack. Bei den „Dirndln“ mit geflochtenen  Zöpfen, violetten oder kanariengelben Schürzen,  bei den „Buam“ (Burschen)  mit Lederhosen in Schockfarben. Um den überteuerten Essenspreisen in den Festzelten zu entgehen, frühstücken Viele in voller Tracht gründlich in preiswerten Stadtcafés. Andere Gruppen haben unterwegs schon offene Bierflaschen in der Hand.  1,30 Euro  im Laden kostet der halbe Liter statt über zehn Euro  für die doppelte Menge in den überfüllten  Zelten. Auch das bescheidene halbe Hendl, ohne Beilage, kostet dort  über zehn Euro.

Die äußere Fassade hat sich zwar  seit vielen Jahren nicht verändert, doch das Innenleben. Verkleidungen im  Fasching spiegeln das, was einer gern sein möchte: Seeräuber, Prinzessin oder Monster.. Intelligenz-Betrüger, die große Firmen zerstören,  täuschen mit Nadelstreifen-Anzügen und Seidenkrawatten. Alte Trachten standen früher, vor Jahrzehnten, für Traditionen, Sehnsucht nach heiler Welt, Heimat und Geborgenheit. Idyllische Bergdörfer mit plätschernden Bächen, glühendem Sonnenuntergang. Doch Geschäftemacherei tritt immer stärker aus dem Schatten. Das „größte Volksfest der Welt“ wird für Normalverdiener mit Familie immer unbezahlbarer.

Trachtenzwang herrscht für zwei Wochen für die Kellner aller Innenstadt-Wirtshäuser, kurbelt noch mehr die Umsätze an. Die Mitarbeiter kommen aus allen Kontinenten, von China bis Zentralafrika. Maschkera. Maskerade wie im  närrischen Fasching. Auch die vielen Gäste kommen von weit her, nicht wenige aus Australien und anderen fernen Welten, mit Filzhüten und Lederhosen. Spürbar ist ein Rausch alter Zeichen und Symbole, die ihre stärkste Kraft verloren haben durch den großen Rummel, aber in der Erinnerung lebendig sind.

Das ist das universale Dualitäts-Prinzip der lebendigen Kontraste. Düstere Stimmungen der nüchternen  Realität entwickeln durch Erkenntnis neue Kräfte, die in der Phantasie sich glanzvoll steigern. Darüber entfalten sich andere Gedanken. Mysterien, fast verwehte Spuren  in Ruinen alter, halb verfallener Kathedralen weisen hin auf   mächtige Geheimnisse. Lösen sich solche Nebel auf, entstehen neue Fundamente.

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Viele Verkleidungen  gibt es auch in der Operette „Die Fledermaus“, bis das ganze  Verwirrspiel sich auflöst. Doch vorher singen alle Beteiligten heuchlerisch und  schadenfroh zu einer strahlenden Musik: „Brüderlein und Schwesterlein wollen alle wir sein“.

Hier kann man es hören:

https://www.youtube.com/watch?v=osXdaiiDxwU

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