Das Rathaus am Prinzipalmarkt

13.2.2022. Die Bedeutung des Doppelprinzips wird unterschätzr. Der Dualismus war im Mittelalter ein wissenschaftliches Forschungsthema. Das beginnt bei Tag und Nacht, Sommer und Winter, es  sind Prinzipien, die sich nicht abschaffen lassen. Im politischen Westen steht die Freiheit des Einzelmenschen auf einem Spitzenplatz. Aber schon in jedem Einzelwesen steckt ein Universum von Antriebskräften und Farben, die den Alltag beherrschen. Daraus haben sich Denksysteme entwickelt, die große Organisationen steuern. Jeder Streit ist auch ein Zusammenprall von Denksytemen. In der Weltpolitik hat das immer ausdauernde Kriege am Leben gehalten. Der Westfälische Frieden beendete 1648 den Dreißigjährigen Krieeg in Europa. Aber nicht, weil die Mitwirkenden zu Verstand gekommen wären, sondern weil die Städte zerstört waren, die Bauernhöfe, auf denen Lebensmittel geerntet werden sollten, und die Soldaten waren immer weniger geworden, weil es nicht mehr genug gab. Also trafen sich alle Parteien im Rathaus von Münster und schlossen einen gemeinsamen Friedensvertrag, der lange wirksam blieb, aber am Doppelprinzip von Streitereien nichts änderte.

Am 22.1.1536, also 112 Jahre vorher, wurden vor dem Rathaus in Münster die drei Anführer der Wiedertäufer in Stücke gerissen. Danach wurden sie in schwarze Stahlkäfige gesteckt, am Glockenturm der nahen Marktkirche St. Lamberti, deren Duplikate heute noch dort anzuschauen sind. Sie hielten als eigene Glaubensgemeinschaft fest zusammen. Sie glaubten an den kurz bevorstehenden Weltuntergang. Ihr Anführer, der Holländer Jan van Leiden, nannte sich deshalb  „König der letzten Tage“. Sie verjagten den Bischof und setzten eigene Gesetze gnadenlos durch. Wer sie kritisierte, wurde sofort verhaftet und von einem Scharfrichter getötet.  Bis heute ist das unvergessen, aber Ähnliches hat sich niemals wiederholt. Münster hat heute 316.000 Einwohner. Es wirkt langweilig, wenn man zu lange dort wohnt, und 1987 war eine private Trennung der Grund dafür, nach München umzuziehen. Trennungen sind unangenehm, wenn  dabei alte Verbindungen zerrissen werden, die vorher, seit 1972, immer enger wurden. Aber Partnerschaften und Trennungen gehören zum universalen Doppelprinzip. Niemand kann das verhindern, aber daraus entstehen eigene Kriege, die genauso sinnlos sind wie die ganz großen. Zum Stichwort „Wiedertäufer“ gibt es hier 18 eigene Artikel, die man mit der Such-Funktion findet, rechts oben auf dieser Seite.

Richard Wagner hat die Tragödie der Wiedertäufer gekannt. Sie war das Thema der Oper „Der Prophet“ von Giacomo Meyerbeer (1791 – 1854),  hatte eine überwältigende Ausstattung und war ein großer Publikumserfolg. Wagners Kommentar: „Effekt ist eine Wirkung ohne Ursache,.“ Das konnte er nicht leiden, und deshalb wollter er auch nie seinen Zeitgenossen Giuseppe Verdi (1813 – 1901) treffen. Cosima notierte in ihrem Tagebuch: „Verdi – das soll Musik sein?“ Als Wagner in Vendig starb, schrieb Verdi: „Wagner ist tot. Traurig. Traurig. Traurig!“

Das war am 13,2,1883, genau vor 139 Jahren. Vorgestern war es hier das Thema des Artikels „Feiertage im Februar“. Wiederholungen werden hier vermieden, aber kein Kommentar ist möglich, wenn man nicht einzelne Daten wiederholt, deren zusätzliche Suche einfach zu viel Zeit kostet.

In Wagners Wahnfried-Bibliothek steht auch die Partitur von  Halévys „Jüdin“, die am 23.2.1835 in Paris uraufgeführt wurde. Er schätzte das Werk sehr, sonst hätte er es nicht griffbereit gehabt,  in seiner Sichtweite. Zur Handlung schreibt die Wikipedia: „Die Handlung der Oper spielt in Konstanz zur Zeit des Konzils von 1414. Im Mittelpunkt stehen der jüdische Goldschmied Éléazar und seine Tochter Rachel. Rachel hat sich in einen Mann verliebt, der nur vorgibt, Jude zu sein, in Wirklichkeit aber der christliche Reichsfürst Léopold ist.  Aus Eifersucht denunziert Rachel ihren Geliebten als Verführer, und ein von Kardinal Brogni angeführtes Tribunal verurteilt das Liebespaar und Éléazar zum Tode. Rachel lässt sich durch die flehentliche Bitte der Prinzessin Eudoxie zur Zurücknahme ihrer Anschuldigung gegen Léopold überreden und erwirkt damit seine Begnadigung. Im Augenblick ihres grausamen Todes, in einem  siedenden Wasserkessel, enthüllt Éléazar dem früheren Magistrat und jetzigen Kardinal Brogni Rachels wahre Identität: Sie ist dessen verlorengeglaubte Tochter, die Éléazar seinerzeit unbemerkt aus einer Feuersbrunst gerettet hatte. Während Éléazar triumphierend in den Tod geht, bricht Brogni zusammen.“

Zu diesem  Thema und Wagners vermeintlichem, immer wieder hochgespieltem  Antisemitismus gibt es hier schon viele Richtigstellungen. Auch den Hinweis auf den jüdischen Dirigenten Hermann Levi, den Wagner selbst auswählte, 1883, zur Uraufführung des Schlusswerks „Parsifal“. Davon ließ er sich auch nicht durch anonyme Hetzbriefe abhalten.

Es gibt derart viele andere Persönlichkeiten, über die es  sich zu berichten lohnt, dass hier immer nur Zusammenfassungen möglich sind, aus unterschiedlichen Perspektiven und mit Bewertungen, die Jeder überprüfen kann. Wer anderer Meinung ist, hat ein eigenes Gewicht, und die besten Gespräche meines Lebens fanden dann statt, wenn Zufallstreffen sich ergänzten und steigerten, nur weil ein paar kurze Stichwörter für ganze neue Energie sorgten. Das kann am nächsten Tag schon vorbei sein, ohne im Gedächtnis zu landen. Das ist nichts Besonderes und dient zur Reinigung von Müll. Das entscheidet Jeder selbst, es  gehört zur Freiheit, die unsere Verfassung garantiert und deren Missachtung selbst das Parlament in Berlin nicht dulden darf. Genauer hinschauen, Ursachenforschung in der Vergangenheit, ist auch die Voraussetzung für das Ende aller aktuellen Krisen.

Wagner selbst nannte „Parsifal“ sein „Weltabschiedswerk“. Hier hört man das Vorspiel, mit dem Bild einer monumentalen Felsenlandschaft, vor deren Zugang zwei riesige Wächter stehen. Das Ziel ist eine weiße Nebelwand, genauer erst dann zu erkennen, wenn die drei fahrenden Boote  es  erreicht haben:

https://www.youtube.com/watch?v=8k41D9por6c

.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.