Der alte Schuppen

5.9.2020. Ein Schuppen ist ein Abstellplatz außerhalb eines Gebäudes. Die Größe und der Wert sind dabei niedrig. Oft sind es Bruchbuden, wo durch Löcher im Dach ud den Wänden der kalte Wind pfeift.

Das Wort wird als abfällige, ablehnende Kategorie für alle möglichen Scheußlichkeiten verwendet, auch für Personen, die sich aufäfllig kleiden, aber geschmacklos sind. Besser kommt an: „Früher waren wir jung und schön. Heute sind wir nur noch schön.“ Auch wenn Beides nicht stimmt, der Zuhörer wird es als anerkennendes Lob gern einstecken.

Mein Elternhaus war ziemlich aufwändig gebaut worden. Der Architekt war aber kein feinfühliger Ästhet, sondern lieferte Fließband-Gebäude, bald auch im ganzen Nachbarbereich. Haustechnisch kannte er nur die Standards von gestern. Die Wohnräume in der ersten Etage sollten nach dem Auszug der erwachsenen KInder vermietet werden. Aber senkrechte Wände gab es im ersten Stock nur bis zwei Meter Höhe, darüber begann schon das viel zu große, schräge Giebeldach, das nicht nicht nur die Räume massiv verkleinerte, sondern auch so wirkte, als könnten die zu stark geneigten Wände umstürzen und die Bewohner erschlagen. Die roten Dachziegel waren nicht sturmsicher befestigt, so dass es bei stürmischem Orkanwetter schon mal unerwünschte, kleine Zusatzfenster gab, die schnell wieder verchwinden mussten. Das Alles war trotzdem nicht billig. Kredite und Zinsen mussten jahrelang, monatlich pünktlich abgezahlt werden und beschränkten den begrenzten offenen Spielraum für alle anderen Lebenskosten.

Die spätere Erbin sprach einmal von einem „alten Schuppen.“ Das Gegenteil war richtig, aber der tatsächliche Verkaufswert war bereits durch die Planungsfehler viel zu niedrig. Außerdem mussten mehrere erbberechtigte Geschwister mit fünfstelligen Beträgen ausgezahlt werden. Vier Kilometer in alle Himmelsrichtungen gab es nur Neubauwohnungen. Dazu vereinzelt kleine Läden für Lebensmittel, wenige Wirtshäuser und keine Tagescafés zum Geplauder mit Nachbarn. Zu Fuß brauchte man vierzig Minuten bis zum Stadtzentrum. Sicherlich zumutbar. Aber bei Regen und Schnee keine ständige Einladung. Das Freizeitangebot n der Klenstadt war sowieso beschränkt. Zuden Unvermeidlichketen kamen die Fehler in der Bauplanung für den ganzen Stadtteil. Für einen Schüler ohne eigenes Gehalt gab es aber keine andere, eigene Lösung.

Das war der Auslöser dafür, dass ich immer mehr, in den folgenden Jahren sämtliche auftretenden Alltagsprobleme nicht einfach bejammert habe, sondern Lösungen gesucht habe. Oft war das nicht möglch, weil die Verantwortlichen ihre Macht, Beziehungen und Finanzmittel einfach für sich selbst ausgenutzt und durchgesetzt haben. Gar nicht einmal mit den Methoden der Bestechung und des Betrugs. Sondern die Gesetze hatten – und haben – immer noch sehr viel Lücken. Bei städtischen Baugenehmigungen sind viele exkusive Experten beteiligt. Das letzet Wort hat die Lokalbaukommission. Wenn sie ein Projekt freigibt, erwirbt der Käufer oder Besitzer ein Recht auf hohe Entschädigungen, wenn man Änderungen von ihm verlangt. Auch wenn nachweisbare Fehler passiert sind, müssen die Beseitigungskosten erstattet werden und auch die entgangenen Gewinne. Das Projekt kann für die anderen Bewohner eines Stadtteils unzumutbar sein, aber sie müssen Entschädigungen erst einmal durchsetzen. Rechtsanwälte und Gerichte arbeiten nicht kostenlos.

Da ich über vierzig Jahre lang beruflich alle Immobilien für eine große Firma verwaltet habe, lernt man alle Schattenseiten und Tricks gründlich kennen.

Aber es gbt nur ein einziges Erfolsrezept: Eine gemeinsame Einigung. Die spart nicht nur viel Zeit und Geld, sondern verbessert auch das Klima sehr wirkungsvoll.

Das Thema ist sehr spannend, kann aber nicht in einem einzigen Artikel abgehakt werden. Dazu ist es wichtig, dass alle unsachlichen Bosheiten Gift sind. Persönliche Angriffe gegen Einzelpersonen führen zu nichts, weil sie oft nur ein einzelnes Rad in einem großen Getriebe sind, das auch aus großen Entfernungen gesteuert werden kann.

Der chinesische General Sun tsu schrieb, „Schlage auf den Busch, und die Schlange springt heraus.“ Er meinte, dass bei der Entdeckung von Gefahren und Risiken ein sofortiges Handeln manchmal einen raschen Sieg bedeutet. Das kann innerhalb eines Krieges richtig sein, aber vorher und nachher sorgen ständiger Lärm und Unruhe nur dafür, dass die Spannungen noch weiter verschärft werden. Auch davor hat Sun Tsu gewarnt, an anderer Stelle. Wachsam sollte man sein bei Menschen mit auffälligen Körperbeweungen: Zappeln, unruhige Blicke, zu schnelles Sprechen, zu viel Lächeln und Freundlichkeit. Das sind schlafende Vulkane, die viel Schaden anrichten können. Man kann sie meiden oder Informationen bekommen, ob sie überhaupt noch aktiv sind. Zuverlässig ist das nur, wenn mehrere zuverlässige Quellen für Treffsicherheit sorgen. Sonst ist die nächste Krise schon vorprogrammiert.

Außer „alten Schuppen“ gibt es immer viele Neubauprojeke. Bei manchen reicht ein Blick in die öffentlich oder auf Antrag einsehbaren Planungsunterlagen, aber das nützt nichts, wenn die Baugenehmigungen schwere Fehler enthalten oder sich keiner an die Pläne hält.

Auch da hilft kein Kriegsgeschrei, denn mit jedem Gebäude müssen selbst die Passanten lange leben. Geschäfte in der Nähe verlieren Kunden, auch die Gastronomie, und der unbezahlbare gute Ruf einer Gegend stürzt ab. Vor en paar Monaten habe ich mich mit zwei Bauplanern zufällig in einem Freizeit-Treffpunkt über ihr aktuelles Projekt unterhalten. Dazu gehörte auch ein kleiner Platz mit alten Bäumen. „Die müssen weg.“ Sie wussten nicht, dass die Satzung der Stadt München für jeden abgehackten Baum einen Ersatz, eine Neupflanzung verlangt. Auch war ihnen nicht klar, dass selbst eine Baugnehmigung ohne diese Verpflichtung gegen die übergeordnete allgemeine Satzung verstößt und deshalb unwirksam ist. Wird das nicht beachtet, handelt es sich um einen Schwarzbau, dessen Abriss jederzeit möglich ist.

Die beiden waren angenehme Menschen und überhupt nicht verärgert. Vierzehn Tage später kursierte eine mündliche Nachricht, dass in dem bisherigen Freizeitgelände der Baumbestand nicht verändert wird. Schadenfreude ist da fehl am PLatz. Jetzt kann man das Gelände sogar noch aufwerten, durch neue Sitzbänke und andere Annehmlichkeiten. Das Viertel wird atraktiver, wenn noch mehr ähnliche Orte dazu kommen. Die kleinen Läden ringsum verdienen besser, und sie bleiben. Andere schließen für immer, aus anderen Gründen. Auch das kann man sich anschauen. Vom passiven Meckern und Jammern hat Keiner etwas.

Francoise Hardy sang 1969 „La maison ou j’ai grandi“ (Das Haus, in dem ich aufwuchs). Ihre Stimme passt gut zur Melancholie über ihr Geburtshaus, das es nicht mehr gibt :

https://www.youtube.com/watch?v=Oj0sOJ4BVJ0

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