25.12.2021. Weihnachten hat drei Teile, so wie ein Tryptichon, ein mittelalterlicher Kirchenaltar. Heiligabend gehört dem engsten Kreis der Familie oder alten Bekannten, die man wirklich gern hat. Sonst ist es besser, allein zu bleiben. Der zweite Weihnachtstag muss nicht ein Fest der Liebe sein, oft ist es ein Fest der Hiebe. Nicht mit körperlicher Gewalt, sondern mit Psychoterror. Wenn die Verwandten anreisen, glitzern in ihren Augen oft Dollarzeichen. Sie denken an das erhoffte Erbe, und Keiner gönnt dem Anderen ein Stück von der gemeinsamen Sahnetorte. Dann werden versteckte Bosheiten ausgetauscht und Pläne geschmiedet, wie man möglichst schnell ganz reich wird. Das ist mit Hass verbunden, und am Ende erntet der Hauptgewinner davon das meiste. Der erste Weihnachtstag bringt manchmal Spaziergänge an der frischen Luft und die heimliche Suche nach neuen Partnern. Dafür gibt es drei Kontaktbörsen. In Münster war das die Altstadt mit den vielen Lokalen und Sehenswürdigkeiten, wo einsame Herzen schnell Anschluss fanden, nicht nur zur Sommerszeit. Nein, auch im Winter, wenn es schneit.
Die zweite Kontaktbörse war der Hauptbahnhof. Gestern habe ich über die alte Endstation in München berichtet. Die musste aus Altersgründen abgerissen werden, aber sonst gab es vor den Gleisen eine breite Ladenstraße mit viel Platz. Die Kandidaten waren immer dieselben. Die Damen in Berufskleidung. Die Herren konnten deshalb keine Reisenden sein, weil sie sich zu oft dort aufhielten, um nicht allein nch Hause zu gehen. Der nächste Bienenkorb war die Münchner Freiheit, wo in den letzten dreißig Jahren immer mehr Touristen auftauchten und die niedrrigen Preise verdarben. Am Gärtnerplatz trafen sich dann die Nachfolger, oft hübsche Menschen aus der Filmbranche, unbekannte Filmstars, die auch in Hollywood Keiner kannte, Deshalb blieben dort die Preise niedrig, aber es tauchte auch zu viel Gesindel auf, das jeden freundlichen Blick sofort als Heiratsurkunde falsch interpretierte.
Die dritte Kontaktbörse sind immer Geheimtipps, die sich nicht herumsprechen sollen. In München war das Zentrum am Sendlinger Tor, in den überfüllten Bierlokalen. Aber wenn man um ein Uhr früh noch laufen konnte, war gerade Betriebsschluss bei den meisten Bussen und Straßenbahnen. Einmal hörte ich ein wütendes Geschrei, als der letzte Zug schon abgefahren war, nicht nur für die ganz Alten, sondern auch für die jüngeren Gesichter, Dann reichte ein freundliches, aber nicht zu aufdringliches Lächeln, und man konnte das nächste Taxi rufen.
In Münster war das so im Studentenviertel am Buddenturm. Ein verwitterter Überlebender der alten Stadtmauer an der Promenade. Auf der linken Straßenseite strömten abends die armen Studenten vorbei und ihre weiblichen Kommilitonen, also Mitstudenten. Alle ließen sich gern einladen und hatten dabei auch noch gute Laune, weil ständig gekichert wurde. Und gegenüber war der Geheimtipp, auch direkt am Buddenturm. Ein kleiner Park, wo tagsüber die Hausfrauen mit Kinderwagen herumspazierten und auf den weißen Holzbänken sich auf ihre angeheiratete Familie freuten. und auf die verbiesterten Gesichter der Verwandten. Spätestens nach zehn Uhr abends wechselte das Publikum. Dazu gehörte ein Polizeireporter, mit dem ich später flüchtig befreundet war. Er hatte dort im Dunkeln keine Angst, berichtete aber ständig über Überfälle, Raub und Schlägereien.
Als fleißiger Zeitungsleser und weil Alles stimmt, was in der Zeitung steht, habe ich diesen Ort deshalb jahrelang gemieden, und es war wohl auch beabsichtigt, dass der kleine Park ein Geheimtipp blieb. Erst nach acht Jahren begann in Münster eine feste Partnerschaft bis 1987, als ich nach München auswanderte. Dabei erfuhr ich aus erster Hand, dass am Buddenturm ein Paradies der Liebe war, nicht nur zur Weihnachtszeit, aber nur für Eingeweihte und Wissende. Dieses Thema findet man hier laufend, aber in einer gehobenen, überirdischen Form, der Bildersprache der Symbolik. Es beherrscht zwei Kapitel: „Die Deutung der Symbole“ und „Die magische Kraft der Symbolik.“ Wenn man das Stichwort eintippt in die Such-Funktiin, rechts oben auf dieser Seite, findet man meine sämtlichen Artikel zu diesem Thema, mit insgesamt über 600 Beiträgen.
Vielleicht hat diese kleine Freude zum ersten Weihnachtstag ein paar Ideen ausgelöst, was man Alles aus dem Tag machen kann und was am Besten dafür geeignet ist.
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