Thalkirchen preiswert und teures Florenz

9.10.2020. Um zu sparen, muss ein Besucher der teuren Stadt München den Campingplatz in Thalkirchen kennen. Er ist nicht billig, aber im Vergleich mit den Tagessätzen in Hotels preiswert, wenn man ein eigenes Fahrzeug mitbringt, oder ein kleines Zelt für zwei Personen. Im Sommer klappt das sowieso. Im Herbst ist es angenehm, wenn nicht ständig zu viele Leute aus aller Welt da sind. Außerdem kann man das gesparte Geld in die restliche, meist kurze Aufenthaltszeit stecken. Das ist schon teuer genug, weil oft Eintritt verlangt wird. Und das Essen in ordentlichen Lokalen ist auch nicht kostenlos.

1981 bis 1985 habe ich das, fünf Jahre lang im milderen September ausprobiert. Die Busverbindung zur Innenstadt lief bis Mitternacht, Seit vielen Jahren gibt es auch eine schnelle U-Bahn. Gleich gegenüber ist in Thalkirchen der große Tierpark Hellabrunn, auf der anderen Seite der Isar. Am Ufer kann man stundenlang nach Norden oder Süden wandern. Es gibt, ganz nahe, mitten in dem kleinen Ort Thalkirchen, eine schöne Straßenbrücke aus dunkelrotem Holz, über die man zum Flaucher kommt, einem beliebten, weitläufigen Freizeit-Treffpunkt, direkt am Flussufer.

So lernt man München gut kennen, auch aus weiter Ferne, als Durchgangsstation auf dem Weg nach Italien. Dort hat Florenz etwas noch Bessseres. Hoch über der historischen Altstadt liegt der Piazzale Michelangiolo, oben auf der Spitze des steilen Flussufers, mit einem weiten Panorama-Blick über das ganze historische Stadtzentrum. Gleich nebenan ist der geräumige Campingplatz, von uniformierten Sicherheitskräften unaufdringlich bewacht. Florenz wurde niemals bombardiert.

Es steht unter Denkmalschutz, liegt in der Mitte zwischen Venedig und Neapel. Das sagt schon Alles. Venedig war lange ein kulturelles und politisches Schwergewicht, mit wohlhabenden Einwohnern. Neapel ist das große Tor zum armen Süden, dem immer noch landwirtschaftlich dominierten, Mezzogiorno (Mittagsland), wo der aufwändige Orangenanbau und die Viehzucht immer mehr Mühe haben, auf dem offenen Weltmarkt noch konkurrenzfähig zu sein. In Florenz, mitten in der Traumlandschaft der Toskana, sorgte die reiche Fürstenfamilie der Medici dafür, dass die Stadt zu einem kulturellen und finanziellen Welt-Zentrum wurde, bereits in der auf das Mittelalter folgenden Renaissancezeit, vom 15. bis zum 18. Jahrhundert.

Auf der Basis des sehr gut verdienenden, damals schon weltweiten Textilhandels schufen die Fürsten Medici ein sehr modernes Bankensystem. Der Forscher Galileo Galilei lebte in der Stadt. Er bewies, dass die Erde sich um die Sonne dreht, nicht umgekehrt – und wurde danach von der harten römischen Inquisition als Ketzer bedroht. Der Bildhauer Michelangelo bekam auch vom Papst, viele teure Aufträge. Seine Gebäude und Skulpturen prägen immer noch das Stadtbild. Leonardo da Vinci war dort ein Universalgenie. 1865 bis 1870 war Florenz sogar die Hauptstadt des neu gegründeten Königreichs Italien.

Aber die politische Einheit wurde bis heute überhaupt nicht ergänzt, durch eine ökonomische und damit soziale Gemeinsamkeit.

Dabei ist es doch gar nicht schwer. Die Ökonomie erzeugt ständig genaue Zahlen, die sich verändern. So kann man schnell auch Unterschiede feststellen. Zwischen den reichen und armen Regionen. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl, gibt es dann aussagekräftige Ergebnisse. Vor Allem über die Ursachen. Danach lassen sich, ganz logisch und zuverlässig, dringende, überfällige Verbesserungen planen und realisieren.

Warum geschieht das nur am Rande? Weil dann Alles neu verteilt werden muss.

Sonst könnten viele Gastarbeiter endlich in ihre Heimat zurückkehren, schrecken aber vor der gegenwärtigen Situation zurück. Außerdem haben sie sich, schon seit sechzig Jahren an ein besseres Leben in Deutschland gewöhnt, nicht nur in Duisburg und München. „Monaco“ ist kein eigener Staat, sondern längst die Hauptstadt des Mezzogiorno. Man kann Alles vergleichen. Aber die überfälligen Konsequenzen sieht man, bis heute überhaupt nicht. Viele haben sich allmählich an die offenen Probleme gewöhnt, weil sie schon so lange existieren, Eine schlechte Tradition.

In der zeitlosen Kultur ist das ganz anders. Zur Zeit höre ich sehr oft die Musik des Sizilianers Vincenzo Bellini (1805 – 1835) aus Catania. Auslöser war eine zufällig entdeckte Bemerkung Richard Wagners (1813 – 1883). Er schrieb: „Bei Bellini habe ich das Schreiben von Melodien gelernt.“ Wagner konnte sehr hart sein in seinen Urteilen. Aber das machte neugierig. Ein Lehrling, bei schönen Melodien? Wagner hatte viel mehr auf der Palette, alle Nuancen der stärksten Emotionen.

Aber man kann hören, was er meinte. Bellini hat eine unverwechselbare Handschrift. Auch wenn es in der Handlung ganz traurig zugeht, verbreitet er immer eine frohe, temperamentvolle Grundstimmung. Am beliebtesten von seinen Werken sind Norma, Puritani und Somnambula (Schlafwandlerin). Auch seine weniger bekannten Opern sprechen die gleiche Sprache, aber sehr abwechslungsreich im Detail, vor Allem, wenn die schallende Trompete Alle wach macht. Wagner fuhr oft nach Italien. In Venedig starb er. Aber die vielen Kollegen aus dem Süden mochte er nicht besonders. Sie waren ihm zu harmlos und belanglos. Rossini hat er einmal getroffen und darüber sehr wohlwollend, amüsant berichtet. Aber seinen Zeit- und Alters-Genossen Giuseppe Verdi (1813 – 1901), der in Mailand starb, wollte er überhaupt nicht sehen. Ehefrau Cosima notierte: „Verdi – und das soll Musik sein?“ Verdi war ein dramatischer Realist. Aber das Geheimnisvolle, Mystische, war seine Sache überhaupt nicht, obwohl er in der großen Liebesszene von „Otello“ sich kräftig bei Wagners „Tristan“ selbst bediente. Im Februar !883 schrieb Verdi, „Wagner e morto. Triste. Triste. Triste.“ Er trauerte über dessen Tod.

Ganz überragend war auch Maria Callas bei Bellini. An Normas „Casta Diva“ mit ihr kann man sich nicht satt hören.

https://www.youtube.com/watch?v=B-9IvuEkreI

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