15.7.2019. Wer eine neue EC-Geldkarte bestellt, bekommt ein unerwartetetes Überraschungsgeschenk. Eine neue Funktion. Ein Klebezettel trägt ein aufgeklebtes Funk-Symbol. Die Karte braucht man nur, berührungslos, gegen ein Lesegerät halten, und der vorher vom Personal eingetippte Geldbetrag wird abgebucht und mit einem Papierbeleg quittiert. Bei Beträgen bis 25 Euro kann man sogar ohne Geheimzahl (PIN) und Unterschrift bezahlen. Das ist bequem.
Doch jedes System kann man auch ganz anders programmieren. Denn es funktioniert nach dem einfachen Prinzip „Sender und Empfänger“. Das müssen nicht EC-Karte und Lesegerät sein. Sondern auch ein Smartphone, das fast Jeder hat. Das vielseitige Mobiltelefon kann prinzipiell seinen gesamten Datenspeicher an einen unbekannten Empfänger übermitteln. Auch Telefonate und E-Mails können von Dritten mitgelesen, gespeichert und ausgewertet werden, natürlich funktioniert auch die Weitergabe an ganz andere Nutzer.
Die Polizei darf das bei Ermittlungen nur in einem streng festgelegten Rahmen. Hier gilt generell die Verschwiegenheitspflicht der Staatsdiener, der persönliche Datenschutz für jeden Bürger und die Sicherheit der beruflichen und privaten Sphäre.
Privatunternehmen dürfen solche Methoden überhaupt nicht anwenden. Security-Firmen, Detektivbüros müssen ganz draußen bleiben. Wenn sie trotzdem eine derartig schamlose Überwachung betreiben, dürfen die Ergebnisse von keinem Gericht zur Wahrheitsfindung verwendet werden, und die Täter müssen mit Strafen und hohen Entschädigungszahlungen rechnen.
An die Technik selbst war in ähnlichen Fällen leicht heranzukommen und konnte aus dem Internet als App heruntergeladen werden.
Nicht nur begeisterte Computerfreaks, sondern auch Privatpersonen können sich diese Möglichkeiten zur vermeintlichen Allmacht beschaffen. Ideal ist das Schnüffeln auch für betrogene oder der Untreue verdächtigen Lebensgefährten. Obwohl es dabei gar nicht um Straftaten geht, sondern um die freie persönliche Lebensgestaltung, deren Ausspähung auch dem Staat und seinen Mitarbeitern grundsätzlich verboten ist. Die Planung und Durchführung von Gesetzesverstößen wird durch derartige Aktivitäten außerdem stark vereinfacht.
Denkbare Zielpersonen könnenunbequeme Journalisten sein, nicht nur in autoritären Diktaturen, sondern in jeder beliebigen Staatsform. Neidische Nachbarn, neugierige Kollegen, die schon bei der DDR–Stasi die meisten Denunziationen lieferten, entdecken jetzt illegale Fundgruben für bösartige Kampagnen aller Art. Ein Experte berichtete kürzlich von zwei Hausfrauen, die sich ahnungslos im Wohnzimmer abends über Haushaltsgeräte unterhielten. Am nächsten Tag ging auch schon Werbung für solche Produkte auf dem privaten Smartphone ein.
Eine zusätzliche technische Ausstattung braucht dafür nur der Empfänger. Für den einfachen Nutzer reicht sein Mobiltelefon.
Theoretisch kann man die neue Funktion abschalten lassen. Aber sie kann sich überall verstecken. In Fernsehern, auf Webseiten. In Gaststätten. Auf Sportplätzen.
Bei solchen Themen ist der Gesetzgeber immer noch viel zu langsam. Hier müssen strenge Verbote her. Außerdem kann eine Software für Alle bereit gestellt werden, die solche elektronischen Spuren rasch findet. Saftige Strafen und Beschlagnahmungen, Schließung von Firmen, die dagegen verstoßen. Das ist kein Allheilmittel. Aber ein erster, dringend notwendiger Schritt für ein friedliches Zusammenleben.