Die weißen Wolken

5.2.2022. Was und wen man überhaupt bewundert, bleibt Privatsache, aber man kann bei ernstzunehmenden Menschen davor Respekt haben. Alfred Kerr (1867 – 1948) war ein scharfzüngiger Theaterkritiker und besuchte die Rollwenzelei, wo der Dichter Jean Paul (1763 – 1825) gern schrieb und Bier trank. In das Gästebuch schrieb er: „Was sagen denn die Leut` ? Du bist der Meister von Bayreuth.“ Am 4.3.33 emigrierte er nach London, weil er in Berlin als gefährlicher Staatsfeind bewertet wurde.

Eigentlich gilt Wagner als der Meister von Bayreuth. Wenn Kerr das anders sah, hatte er dafür seine Gründe, die ich nicht kenne. Die Rollwenzelei ist ganz in der Nähe der Eremitage, einem Rokoko-Landschaftspark, der zur Zeit der Markgräfin Wilhelmine ( 1709 – 1758) entstand und von ihr stark beeinflusst wurde, beim Alten Schloss, der Orangerie und den Springbrunnen. In den letzten dreißig Jahren war ich dort oft, aber andere Ziele wurden dann stärker. Vergessen ist nichts, aber es hat seine Bedeutung verloren. Im Lauf der Jahre wechseln Schauplätze so oft, dass sie vorbeiziehen und im Gedächtnis Platz machen für andere Themen.

In der Kindheit beherrschte der große Garten am Elternhaus alle Eindrücke. Zu diesem Stichwort gibt es hier 30 Beiträge. Am 28.1.22 unter dem Titel „Die ersten Autos draußen“ :

https://luft.mind-panorama.de/?s=elternhaus&x=17&y=13

Zitat: „1956 gab es noch nicht so viele Autos wie heute, aber schon asphaltierte Durchgangstraßen, direkt am Elternhaus. Das war gefährlich, deshalb verging die meiste Zeit im großen Garten. Mit Obstbäumen, Blumen, Hühnern und Schweinen, die nach dem Krieg, elf Jahre vorher, auch eine Nahrungsreserve waren. Außerdem beherrschten die Jahreszeiten den Alltag. Vom Fenster konnte man zum verschneiten Garten hinabschauen, im Sommer wuchs das Gras wild und so hoch, dass die restliche Umgebung unsichtbar wurde, aber die Phantasie aufweckte. Vor Allem die weißen Wolken am Sommerhimmel, die wie Märchenfiguren vorbeizogen, in ferne Länder, die man nur aus Abenteuerbüchern kannte. Die besten gibt es immer noch, und wenn man darin blättert, werden auch die alten Geschichten wieder lebendig.

Kleinteilige Miniaturen der Vergangenheit haben sich noch mehr verkleinert. Einige haben sich aufgeblasen und vergrößert, mit heißer Luft, aber bewirken damit oft nichts, weder In Kleinen noch im Großen. Es kommt immer auf die Situation an und die Zusammenhänge. Querverbindungen. Die lösen alle Geheimnisse, wenn man genauer hinschaut. Auch das ist kein Einzelfall, sondern wird immer alltäglicher.

Meine Eltern haben sich in Köln kennengelernt und 1939 dort auch geheiratet. Sie liebten die Rheinlieder und den Volkssänger Willy Schneider. Von Robert Stolz singt er jetzt „Vor meinem Vaterhaus steht eine Linde“ :.

https://www.youtube.com/watch?v=zO7CiHu0C8s

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