17.2.2020. Wenn eine Flüssigkeit nicht zu heiß oder zu kalt ist, bezeichnet man die Temparatur als „medium“. Das Wort wird überall da verwendet, wo man auf Extreme verzichtet und Ausgeglichenheit das Ziel ist. Auch die beiden Schalen einer Waage müssen horizontal auf einer Höhe nebeneinander hängen, sonst wird das Gewicht falsch angezeigt.
Aber nur mit Harmonie und Gleichklang k kommt man nicht weiter. Ein junger Kellner in einem Biergarten erzählte mir vor ein paar Jahren, er studiere „Medienmanagement“. Er meinte damit die elektronischen Möglichkeiten des Datenaustauschs und deren Führung als hochbezahlter Chef. Beide Bereiche sind sehr beliebt und deshalb total überlaufen. Die Arbeitslosigkkeit ist sehr hoch und versteckt sich außerdem in den tausend Formen der Schwarzarbeit, die langfristig nur eine kleine Rente erzeugen können.
Die Medien als bequeme Massenware sind weit verbreitet, aber wegen Einfallslosigkeit auch immer in Gefahr, zu laut, zu hektisch, zu aufdringlich und zu oberflächlich zu sein. Das kann Jeder, und deshalb wollen es auch Viele.
Ein Medium war in der Antike etwas Heiliges, Unantastbares. Ein Vermittler zwischen den vielen Formen der Realität und deren Quellen, die man damals in einer phantastisch ausgeschmückten Götterwelt vermutete. Das Orakel von Delphi äußerte sich durch eine Seherin, die in einem Tempel Voraussagen für die Zukunft machte und alles Mögliche schon im Voraus wusste. Krieg und Frieden. Verhagelte Ernten. Solche Vermittler zwischen Tatsachen und einer Welt dahinter – das ist die Transzendenz, die Überschreitung des Wahrnehmbaren – waren damals weithin berühmt. Als Besucher durfte man Fragen stellen, aber dem Medium nicht zu nahe treten. Wenn es belästigt wurde, verstummte es oder verschwand in eine freundlichere Welt. Zerstörte man den Aufenthaltsort, den Tempel, war es auch vorbei mit den Botschaften. Wenn auch nicht immer. Als der römische Kaiser Titus im Jahr 70 n. Chr. die Stadt Jerusalem eroberte, ließ er auch den großen Tempel zerstören und die heiligen Gegenstände wie den siebenarmigen Leuchter nach Rom transportieren. Die ursprüngliche Idee eines Tempels kann jedoch niemand zerstören. Der Standort ist auch nicht an einen bestimmten geographischen Platz gebunden, sondern kann überall neu errichtet werden. Am berühmtesten im Altertum war der Tempel König Salomos, der persönlich als Inbegriff der Weisheit galt. Das Bauwerk hatte an seinem Eingang zwei Säulen, Boaz und Jachin. Wer diese Pforte durchschritt befand sich mitten im geistigen Zentrum seines Gründers. Das war an keinen kon kreten Ort fest gebunden war, sondern voller Erkenntnisse, die sich in den überlieferten Schriften über die ganze Welt verbreiteten.
Und was ist heute? Im lärmenden Medienrummel, den verworrenen Ozeanen des Datenaustauschs, oft gesetzlos und rechtswidrig wie im Wilden Westen, ist die ursprünglich Bedeutung des Mediums sehr oft verloren gegangen, wird nicht mehr ernst genommen und auch nicht verstanden. Es ist eine Dimension der Ruhe und der Erkkenntnis, deren architektonische Zeichen oft noch erhalten sind, die aber nur noch als Attraktion für Reiseführer und den raschen Massentourismus dienen.
Die alten Stätten lassen sich wieder beleben. Sie sprechen unzerstörbare Bedürfnisse an, deren Gespür und Wahrnehmung oft verloren gegangen ist.
Bedauerlich vor allem an Orten, deren ursprünglicher Wert in den ständig schrumpfenden Verkaufszahlen und nachlassenden geschäftlichen Umsätzen nur noch bruchstüchaft erkennbar ist. Damit lässt sich immer weniger Geld verdienen. Selbst Luxushotels und Schiffsreisen locken ein vermögendes Publikum weit weg, auf alle Weltmeere und in ferne Kontinenten, aber die anderen Schätze schlafen vor sich hin.
Hier fehlen neue Impulse. Denn die Potenziale sind da und müssen nur neu belebt werden. So wie es hier auch bei anderen Themen immer wieder geschehen ist..