Dunkle Bauernhöfe

11.10.2020. Weit weg von Großstädten gibt es viele Landschaften mit wenigen Bewohnern, winzigen Dörfern und Kleinstädten, wo die Bevölkerung gern wegzieht, wenn sie es sich leisten kann. Sehr oft gibt es dort die Agrarwirtschaft, die mit Obstanbau, Getreide, Rindvieh oder Schweinen überlebt, aber dank der wachsenden Konkurrenz auf dem Weltmarkt immer weniger Gewinne erzielt. Ein Taxifahrer sagte mir einmal, „Hier bleiben nur noch die Rentner und die Dauerkranken, außerdem diejenigen, die das Alles verschuldet haben. Die Jüngeren ziehen weg.“

Das ist natürlich eine schlechte Diagnose, aber unvollständig. Hauptursachen sind fehlende, attraktive Konkurrenz und abwechslungsreiche Auswahlmöglichkeiten, deshalb auch niedrigere Gehälter. Wer gern einkauft, bleibt draußen vor den Schaufenstern stehen. Oder bekommt schlechte Laune, dauernd. Dazu passt die kleine Gemeinschaft genau auf, was der Einzelne eigentlich tun sollte, wenn er es denn könnte oder wollte. Darum sind Vereine so beliebt, weil Alles gegenseitig und gemeinsam überprüft wird. Sport oder Kaffeeklatsch, das ist egal, wenn die Gerüchteküche nur ordentlich angeheizt wird. Schlechte Luft ist nicht bekömmlich.

Darum werden die Großstädte immer voller, gleichzeitig fallen auch immer mehr Staatsgrenzen auf allen Kontinenten, die Kosten steigen, die Grenzen des guten Geschmacks fallen auch, im gleichen Tempo. Gesetzesverstöße gelten als unvermeidbares Kavaliersdelikt, bis der Richter mit dem Hammer knallend auf seinen Tisch schlägt. Juristische Feinheiten gelten oft als Fremdsprache, die Keiner verstehen muss. So geistert das durch die Realität, wie Sturmgeister am Himmel.

Die Rezepte dagegen sind eigentlich längst bekannt: Förderung armer Regionen. Neue Firmen, die geographisch nicht festgelegt sind, frei wie das Internet. Europäische Subventionen, die aber unterwegs zu den Empfängern spurlos verschwinden, obwohl alle Finanzströme elektronisch, vollautomatisch dokumentiert werden. Da ist die Spurensuche ganz leicht, für Experten. Eigentlich. Aber auch im Weltraum gibt es physikalische Schwarze Löcher, die überhaupt kein Licht eindringen lassen, aber eine unvorstellbar hohe Energie haben, mit der sie sogar ganze Nachbar-Sterne auffressen können. Auf der Erde gibt es das nicht, obwohl es oft genau so aussieht. Da verschwindet gar nichts wirklich, aber es wird ungeschickt versteckt oder in einen sicheren Auslandshafen transportiert. Doch die Häfen bekommen immer öfter gläserne Wände. Oder Kameras sehen Alles. Noch besser: Die Datenströme im Internet. Die sind zwar materiell unsichtbar. Aber das Futter für Maschinen, Computerprogramme, die bei Auffälligkeiten lautlos Alarm schlagen.

Bei den Finanzämtern ist das längst Standard. Die Steuerfahndung rechnet gar nicht mehr selbst nach, aber die Meldesysteme schlagen, ohne Knopfdruck, Alarm. Und dann wird Alles genau durchsucht , die Firmenbüros von den kleinsten Unterlagen befreit und geräumt. Hausverbote schaffen noch mehr Platz. Die interne Security überwacht, dass aus den später mit Klebemarken versiegelten Schreibtischen nur Privatsachen mitgenommen werden können. Manchmal dauert es, bis zur fristlosen Kündigung, aber dann kommen auch noch Berufsverbote, und bei neuen Arbeitgebern ist schon Alles bekannt, wenn es in den Zeitungen stand. Darum muss die Security immer streng darauf achten, nicht selbst aufzufallen. Neue Kollegen mit Zugang zum Polizeicomputer wissen viel, dürfen aber eigentlich gar nichts sagen. Verschwiegenheitspflicht. Die Verletzung ist eine schwere Straftat, die auch die neue Firma gefährdet, in ihrer ganzen Existenz. Viele Mitarbeiter wissen das gar nicht, nur darum wird es hier erwähnt.

Ich habe mal eine Betriebskantine erlebt, die tagsüber tadellos alle Prüfungen überstand. Abends wurden gelegentlich Feiern veranstaltet, die lange dauerten. Finanzielle Belege gab es nur so viele, dass Niemand auffiel. Aber eine unzufriedene Mitarbeiterin hat einfach geplaudert. Danach wurden von Ermittlern große Löcher in der Kasse entdeckt. Es gab sofortige Rausschmisse und am Ende eine kräftige Bewährungsstrafe, mit Rückzahlungsverpflichtung.

Das ist schon über zwanzig Jahre her. Aber die Methoden sind überall gebräuchlich. Darum klappt die Aufklärung immer schneller. Ich hatte noch bei meinem eigenen, ganz normalen Standortwechsel, ahnungslos, den noch nicht entlarvten Gaunern, zum Abschied eine harmlose Schachtel Pralinen geschenkt. Daraufhin griff er in den Tresor und wollte mir einen Geldschein überreichen. Das habe ich sofort abgelehnt und angemerkt, „Dafür können Sie in den Knast kommen.“ Danach habe ich ihn nie wiedergesehen. Auch gut, für alle Beteiligten. Eine gute Zusammenarbeit, ohne eine sichere Vertrauensbasis, ist einfach nicht möglich. Auch wenn die Sachen erst viel später auffallen und dann erst herauskommen, ist es noch schlimmer.

Viele solcher Fälle habe ich mitbekommen oder durch kurisierende Gerüchte erfahren, aber die Ermittlungen den zuständigen Beamten überlassen, ohne mich einzumischen. Solche Geschichten passieren überall dort, wo Geld aktiviert wird. Auch solche, oft fehlenden Kenntnisse von Betroffenen und große Informationslücken werden hier laufend geschlossen.

Sturmgeister am Himmel, wie Walküren. „Ghost Riders in the Sky“. Das singen hier die sturmerprobten Cowboys, Willie Nelson und Johnny Cash:

https://www.youtube.com/watch?v=nOWjX4BpC24

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