9.7.2021. Eine Stadt mit 316.000 Einwohnern wie Münster ist nichts Besonderes. Meine viel kleinere Geburtsstadt hatte nur 25.000 Einwohner und hat sich später verdoppelt. München hat 1,5 Millionen Einwohner. Diese drei Größenordnungen reichen aus, um ein paar Dinge besser zu verstehen. Wenn man jetzt alle Orte der Welt noch dazu nimmt, interessiert das Niemanden mehr, nur Statistiker, die damit lange Tabellen und Diagramme füllen. Diesmal liegt Münster in der Mitte.
Es hat viele Firmen wie jede andere Stadt, dazu übergeordnete Zentralen und Organisationen, die große Bereiche betreuen. Zum Lernen waren es die besten Jahre, denn jeder Arbeitsablauf ist auch an größeren und kleineren Orten ähnlich. Im Lauf der Zeit wird daraus der langsame Aufstieg zu ganz hohen Gipfeln, die davon ungerührt bleiben, aber zulassen, das der Weitblick in die Ferne immer klarer wird. Das sind nicht immer gute Erfahrungen, aber auch das gehört zum Gesamtprogramm. Wo hohe Kosten entstehen, ist der Gewinn oft nur gering, lockt Neugierige an und verschwindet dann wie der Nebel am frühen Morgen. Der wertvollste Gewinn ist finanziell nur ein Bruchstück.
Epiktet (50 – 138 n. Chr.) schrieb dazu: „Alles, was du besitzt, kann man dir wegnehmen. Dir gehört nur das, was du wirklich bist.“ Dieses Zitat las ich vor vielen Jahren in einer Sonntagzeitung. Danach habe ich das Hauptwerk von Epiktet immer wieder gelesen. Er unterstreicht den hohen Wert der Gedanken und des aktiven Innenlebens. Er meinte auch, „Wenn du zum Badestrand gehst, weißt du vorher, dass die Menschen dort unruhig und laut sind. Gehst du trotzdem dorthin, dann beschwere dich nicht.“ Das ist die Denkweise eines ausgeglichenen Stoikers, der die ganze Welt aufmerksam beobachtet, aber auch sehr viele Unvollkommenheiten sein lässt, wie sie sind. Mit fauler Passivität hat das nichts zu tun, aber es ist eine Warnung vor sinnloser Zeitverschwendung. Hektik und unruhiger Aktionismus sind demnach wertlos, aber auf keinen Fall das Nachdenken und Handeln, wenn es sein muss. Die Notwendigkeit ist also ein ganz anderes Thema.
Dazu gehört eine berufliche Tätigkeit. Nicht jeder hat Lust dazu, erlebt aber auch die Folgen. Zwei Verwandte kamen in jüngeren Jahren auf die Idee, jährlich eine Gesundheitskur, auf Kosten der Krankenkasse zu genießen. Weil zu Viele das auch gut fanden, wurden die Genehmigungen immer seltener, Kostensenkungen steigerten sich und bekannte Kurorte haben seitdem kaum noch Gäste. Wer ganz mit der Arbeit aufhören will, braucht dafür eine Anerkennung als Frührentner. Die Folge ist ein drastisch gekürztes Familien-Einkommen, für Alleinverdiener mit Kindern eine Belastung, wenn sie nicht auf falsche Ideen kommen.
Eine materierielle Bescheidenheit fällt heute gar nicht mehr sofort auf, weil Textilien und Getränke keinen Luxus mehr voraussetzen. Dass auch sonst Langeweile sich breit macht, liegt am Innenleben, an den Interessen. Das erzeugt unüberhörbare Signale, und vor Allem in Gesprächen wird das rasch erkennbar. Gute Freundschaften gelingen eigentlich nur, wenn die Beteiligten sich auch etwas zu sagen haben, ihre Gedanken austauschen und daraus Ideen entwickeln, die ihre Leben bereichern, sogar ohne prall gefüllte Taschen. Leider ist das selten.
Am angenehmsten war es in der Provinz, wenn Zeit genug da war, um die Tage zu genießen, dabei zu entspannen und das Gesamtbild zu erweitern, durch solche Treffen, die auch von Ideen und Fakten gelenkt wurden.
Wenn das öfter gelingt oder sogar ein Teil des Alltags wird, kann etwas Größeres entstehen. In Europa gibt es sehr arme Regionen, weil sie viele Jahre lang eine falsche Politik überstanden haben. Einzelne Betroffene haben auch oft darüber nachgedacht und ihre Erfahrungen festgehalten. Das geschieht immer mehr im Internet. Ein Fehler kann es dabei sein, wenn zu viele Fakten und Einzelheiten immer höhere Informationsgipfel aufbauen. Das versperrt die Sicht und langweilt auch solche Leser, die eigentlich Einfluss genug haben, um die Realität zu verändern. Oder sie erfahren es nicht.
In Zukunft wird es immer wichtiger, die Hauptsachen und Nebensachen deutlich zu trennen, zeitliche Epochen miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Das ergibt nachprüfbare Veränderungskurven, das Fundament für die Zukunft. Für diese Arbeit sind Führungspositionen am besten geeignet. Aber dorthin drängen auch die falschen Kandidaten. Wer die Jahresbilanzen von bekannten Staaten liest, findet sie ganz schnell. Trotzdem bewegt sich nicht viel. Die Gründe dafür wurden hier schon oft erklärt, sie sind auch kein unbekanntes Neuland. Die Motoren sind voll getankt, man muss nur die Schlüssel einstecken und starten.
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