Erinnerungen an Wieland Wagner

07.10.2021. Richard Wagners (1813 – 1883) letztes Werk „Parsifal“ nannte er selbst sein „Weltabschiedswerk“. Ein Jahr vor seinem Tod in Venedig wurde es uraufgeführt. Seine geniale Begabung für das Geheimnisvolle, Mystische steigert er dabei noch. Umso spannender ist es, diese Geheimnisse aufzulösen. Mit einem scharfen Brennglas geht das nicht, denn das Ergebnis wäre ein modernes Bistro mit grellen Neonleuchten und exotischen Cocktails, in dem die nackte Langeweile herrscht. Einer der wichtigsten Schlüssel ist die Symbolik. Zur „Deutung der Symbole“ bei Wagner gibt es hier schon 114 Artikel. Jedes seiner zehn Hauptwerke ist überreich voll davon, aber man kann die optischen und akustischen Höhepunkte auch ohne jede Erläuterung spüren und darüber nachdenken. Wenn das gut gestaltet ist, spricht es für sich selbst. Jeder Fehler erzeugt den Wunsch, sofort fort zu gehen, an die hoffentlich noch frische Luft.

Wagner träumte aber nicht nur daheim im Schaukelstuhl herum, sondern fuhr jahrelang durch ganz Italien und starb in Venedig, im Palazzo Vendramin am Canale Grande. Die itelienischen Komponisten mochte er nicht, weil er sie für oberflächlich hielt. Seinen Zeitgernossen Giuseppe Verdi (1813 – 1901) wollte er niemals treffen, obwohl der ihn bewunderte.

In Rufolo bei Neapel fand Wagner einen realen Zaubergarten, den im Parsifal der böse Zauberer Klingsor bewohnt. Aufreizende Blumenmädchen locken dort Wanderer an. Auch der Gralskönig Amfortas geht in die Falle. Klingsor raubt ihm den Heiligen Speer des Grals. Danach wird er unheilbar krank und kann die Rituale im Tempel nicht mehr leiten, wo ein leuchtender Kelch die höchste Weisheit schenkt: Die Erleuchtung. Die Wahrnehmung der sichtbaren Zeichen Gottes, die für den Menschen erkennbar sind. Die mystische Vereinigung (Unio Mystica). Am 4.9.20 habe ich dazu den Artikel geschrieben „Klingsor im Garten der Villa Rufolo“ :

https://luft.mind-panorama.de/klingsor-im-garten-der-villa-ruffini/

Der Zaubergarten ist der scharfe Gegensatz zum stillen Gralswald mit dem heiligen Tempel. Dafür findet Wagnber eine ganz andere Musik: Überirdisch. Körperlos. Mit einer magischen Kraft, die schon beim ersten Anhören die ganze Wahrnehmung durchdringt. Wenn die Inszenierung gut ist. Leider ist das selten geworden.

Mit Wagner kann man viel Geld verdienen, aber nicht, in erster Linie, als materielles Objekt für Finanzinvestoren. Das Festspielhaus mit seinen zwei Säulen vor dem Eingang sieht aus wie ein Tempel und auch wie eine Scheune auf dem Lande. Das macht nichts, wenn drinnen das Wunder geschieht, das Wagner gestaltet hat. Sein Gebäude auf dem Grünen Hügel überragt das Stadtzentrum, hat aber bei der Auffahrtallee eine direkte Sichtverbindung zur alten Stadtkirche. Das ist kein Zufall. Über „Bayreuths unsichtbare Weltuhr“ gibt es hier 40 eigene Artikel, dazu über 140 Beiträge zu eng verwandten Themen.

Seit 1989 war ich dort fast jedes Jahr, mehrmals, aber diese 32 Lebenhöhepunkte sind Vergangenheit, auch weil sie an keinen einzigen geographischen Standort gebunden sind. Hier ist die Vergangenheit auch ein zuverlässiger Messpunkt zu Situationen in der Gegenwart. Nicht so sehr für die Zukunft. Trotzdem stimmt die Formel. Die graphische Linie zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt nach unten oder nach oben: Das ist die Zukunft. Wenn nicht Jemand die Schaltzentrale verändert, die alle Vorgänge steuert: Die Arbeitsabläufe, ihre Bewertung und deren Folgen. Das ist noch offen. Und wird es auch immer sein, selbst wenn die Mitwirkenden sich ändern. Der genaueste Maßstab sind die Goldenen Jahre von 1951 bis 1966, unter der Gesamtleitung von Wieland Wagner.

Zu diesem Stichwort gibt es hier über 50 eigene Artikel:

https://luft.mind-panorama.de/?s=wieland+wagner&x=12&y=11

Für eine Dauer-Ausstellung zum Gedenken Wieland Wagner ist der „Siegfried-Bau“ geeignet, direkt neben Wagners Privathaus Wahnfried. Dafür gibt es natürlich keine Bedingungen, aber aus meiner Wieland-Sammlung kann ich jederzeit, kostenlos Material zu Verfügung stellen, das auf dem freien Markt gar nicht mehr vorhanden ist.

Das Parsifal-Vorspiel hört und sieht man hier, mit einer geheimnisvollen Felsenlandschaft. Drei Boote nähern sich einem gewaltigen Tor, das von zwei Riesen aus Stein bewacht wird. Dahinter wartet gleißendes Licht. Genaueres ist dort nicht zu erkennen. Aber so ist es auch gemeint:

https://www.youtube.com/watch?v=8k41D9por6c
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