Fata Morgana

12.9.2020. Fata Morgana ist eine Luftspiegelung in der trockenen Wüste. Sie erzeugt realistische Bilder, die zwar als Orte existieren, aber nicht dort, wo sie auf einmal zu sehen sind. Dieses Naturereignis haben auch Reisende gesehen. Die lllusion taucht in alten Märchen auf, spielt aber auch eine Hauptrolle in der englischen Sage vom König Artus. Er ist der Einzige, der ein Ritterschwert aus einem harten Felsen herausziehen kann. Nach seinem Tod in einem Zweikampf wird er auf die geheimnisvolle Insel Avalon gebracht. Dort lebt die Fee Morgana, eine Feindin des Zauberers Merlin und holt das Schwert Excalibur zurück in den umgebenden See.

Zauberei oder Wirklichkeit. Phantasie und Realität. Das ist ein Dauerthema der Evolution, der Fortentwicklung aller Materie und aller Lebewesen auf diesem Planeten. Da gab es zerstörerische Katastrophen, Kriege, Erdbeben und Vulkanausbrüche. Aber insgesamt ist ein Fortschritt zu erkennen, der in vielen Jahrtausenden zwar gestört oder verlangsamt wurde, dessen Spannungen aber ganz neue Qualitäten erzeugten.

Lassen gute Künstler ihrer Phantasie freien, ungebremsten Lauf, dann werden sie bewundert, wenn das Ergebnis fasziniert. Nüchterne Realisten können zwar materiell sehr reich werden, aber wer Tag und Nacht nur über Geld nachdenkt, vetrocknet innerlich und hat keinen Saft mehr. Außerdem begleiten ihn die schwarzen Dämonen der Habgier, des Neids und der Stolpersteine, die ihm seine Kriegsfeinde in den Weg legen. Da sie ihm auch noch sehr ähnlich sind, kommt es zu Verwechslungen, Fehlern und einer anschwellenden Unzufriedenheit, vom Anfang bis zum Ende.

Nach dem mittelalterlichen Dual-Prinzip treten Natur-Ereignisse doppelt, also zweifach auf. Sommer und Winter. Tag und Nacht. Gut und Böse. Sie sind unzerstörbar, können aber in ihrem Gewicht verändert werden.

In einer alten Sage wird das natürliche Gold im Fluss Rhein von dessen Töchtern bewacht. Der hässliche Giftzwerg Alberich raubt es, schmiedet daraus einen goldenen Ring, und der oberste Gott Wotan raubt ihm sogar diesen allmächtigen Ring der Macht später. Damit gerät eine große Lawine des Unheils und der Vernichtung in Bewegung, die Keiner mehr anhalten kann. Alberich überlebt Alles. Er ist das unzerstörbare Prinzip des Bösen. Aber seine Rachepläne übergibt er an seinen finsteren Sohn Hagen. Der ermordet heimtückisch die Lichtgestalt, den starken Helden Siegfried und entreisst ihm den goldenen Ring, ein Geschenk von Wotans eigener Tochter. Sie zieht dem ermordeten Siegfried den Ring vom Finger. Beide verbrennen gemeinsam in einem Scheiterhaufen. Der tobende Fluss Rhein tritt über seine Ufer. Hagen stürzt sich gierig hinein, um den Ring an sich zu reißen. Doch die wahren Besitzer, die Rheintöchter, ertränken ihn und nehmen das Gold wieder an sich.

Damit schließt sich ein Kreis, der unterwegs viele Farben hat, aber unerbittlich auf dieses Ende zusteuert.

Es ist das Thema der kosmischen Gerechtigkeit. Wer die unsichtbaren Gesetze des Universums bricht, wird am Ende gnadenlos bestraft. Dicke schriftliche, juristische Kommentare oder Erläuterungen gab es damals noch nicht.

Es ist auch eine realistische Lebenserfahrung. Viele Halunken landen in den öffentlichen Schlagzeilen. Ihr guter Ruf ist weg. Das geklaute Geld auch. Die offenen Rechnungen müssen sie selbst bezahlen. Manche exklusiven Bank-Institute haben Goldene Kreditkarten. Auf solchen Konten kann man geraubtes Geld im Ausland verstecken. Zusätzlich gibt es auf der Karte noch eine Funktion, so dass man einen Kredit ohne Betragsgrenzen nach oben (Limit) frei ausnutzen kann. Doch wenn es dann Ärger gibt, wird einfach die Karte gesperrt und der verplemperte Kredit fristlos zurückgefordert. Das macht die Polizei weltweit schon lange, bei den ganz dicken Dingern sowieso. Aber aktiv werden kann jeder einzelne Steuerfahnder und gerichtliche Beschlagnahmungen sofort durchsetzen. Natürlich nur vorübergehend, bis zur endgültigen Klärung. Aber plötzlich ist nur noch ein Loch im Geldbeutel.

Das geht sogar noch wirkungsvoller. Die italienische Anti-Mafia-Behörde verlangt von Verdächtigen, dass sie die Quelle ihres Reichtums offenlegen. Geschieht das nicht, wird einfach das ganze Privatvermögen beschlagnahmt. In den armen Regionen, im Süden des Landes wird es verschenkt an Sozialvereine oder Hilfs-Oganisationen. Sie dürfen damit eigene Firmen gründen oder Landwirtschaft betreiben. Andere Länder machen das zwar nicht. Aber Italien hat seine ganz eigenen schlechten Erfahrungen. Einmal habe ich mich unbekannterweise mit einem hohen Beamten unterhalten, über Alltäglichkeiten, und mehr hat er auch nicht gesagt. Aber am Nebentisch saßen zwei sportliche junge Burschen, die uns unauffällig beobachteten. An einem zweiten Tisch saß auch noch ein Herr mit Büro-Sakko und Krawatte. Sie bildeten ein magisches Dreieck. Ich habe ein kurzes Gedicht von Giuseppe Garibaldi auswendg zitiert, im sizilianischen Dialekt, mit dem Macagnis Oper „Cavalleria Rusticana“ beginnt. Dann habe ich dem Unbekannten seine Berufsbezeichnung genannt. Er antwortete gar nichts. Aber seine Begleiterin rief, „Das ist ja unglaublich, was Sie da erzählen!“ Beide trugen elegante italienische Mode, in nachtblauer Farbe. Das ist Lapislazuli, in orientalischen Geschichten auch die Farbe der Zauberer, die den nächtlichen Sternenhimmel deuten können. Wir haben uns gut unterhalten, aber nur über Alltagsdinge. Beim Abschied riefen sie „Ciao“. Das ist locker und bedeutet „Servus. Tschüss.“ Ich sagte „Arrivederci“. Das heißt, „Wir sehen und wieder.“ Das ist aber bis heute nicht geschehen. Offensichtlich war die Begegnung inszeniert und vorbereitet worden. Die Welt ist klein. Eine Wiederholung ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Eine gute Musik erkennt man auch daran, dass die besten Melodien sich manchmal wiederholen. Aber nicht zu oft, denn sonst wird es langweilig. Manche Mitmenschen sind dabei peinliche Belästiger, wissen das aber nicht. Und darum erkennt man sie immer schneller, wenn sie dort auftauchen, wo sie gar nicht hin gehören. Das allein ist schon schlecht für ihre Zukunft.

Mit Einigen gab es sogar kurze Gespräche. Ein völlig unbekannter Filmstar aus einer bekannten Münchner Schauspielerfirma. Oder eine ältliche Dame, die gern mit einem meiner Bekannten ausführlich herumküsste und innige Umarmungen austauschte, nur, um unsere Gespräche zu stören oder ihn nach Hause einzuladen. Er erzählte mir später, dass ihre gemeinsamen Auftritte immer sofort endeten, wenn sie außer Sichtweite waren. Für seine Leistungen bekam er sogar ein Rollenangebot von einem bekannten Filmregisseur, der wohl auch ausprobieren wollte, wie andere Menschen ihre Freizeit miteinander verbringen.

Solchen Anfängern bin ich nicht böse. Sie erzählen auch viel über ihre Kollegen. Dinge, die in keiner Zeitung stehen. Ein nordbayerischer Kaffeehaus-Besitzer erzählte mir vor zehn Jahren, dass er über seine prominenten Gäste ein Buch geschrieben hat. Kein Verlag wollte es ihm abkaufen, mit der Begründung, „Bringen Sie uns erst die schriftlichen Einverständnis-Erklärungen sämtlicher Betroffenen.“ Sein Café trug den Namen eines Dichters, der vor zweihundert Jahren schrieb, „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“ So kleinlich muss man nicht sein, aber Erinnerungen können immer kostbarer werden, je älter sie sind.

Sie dürfen aber nicht die Wirklichkeit verfälschen und ihr einen falschen Glanz geben. Sonst steigern sich die Fehler und falschen Bewertungen. Privat kann das einige Probleme bringen, aber auch für die Schwätzer. Beruflich wartet die Kündigung. Und der gute Ruf! Davon leben Rechtsanwälte, große Firmen mit zahlender Kundschaft. Und alle Vertrauenspositionen. Wenn ein Orchester falsch spielt, sitzen bald keine Gäste mehr im Publikum. Wenn eine Mitarbeiterin in die Ladenkasse greift, weil es ja „ihre Kasse“ ist, an der sie täglich sitzt, fliegt sie raus. In einer Konzertpause lernte ich einmal den Leiter einer Stiftung für arme Kinder kennen. Stolz erzählte er, dass für die Verwaltung ein Drittel der Spenden-Einnahmen pauschal, ohne schriftlichen Nachweis verbraucht werden können. Vielleicht hat er sich auch noch am Rest bedient. Aber selbst versteckte Finanzströme lasen sich auch nachträglich nachweisen und überprüfen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die letzte Rechnung zahlen die Betrüger.

Das ist keine Schwarzmalerei, sondern gehört hier zum Thema. Und passiert oft. Aber das ganze Leben wird nicht davon vergiftet. Dafür ist es zu vielfältig und farbig. Es könnte noch besser sein, wenn Viele dabei mittmachen.

Folgendes Lied besteht nur aus Lebensfreude. Wie ein Ermittler teilt Julo Iglesias mit: „Quiero“ (Ich frage.)

https://www.youtube.com/watch?v=J7lGHfhazXE

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