Francis Drake

10.11.2020. Francis Drake (spanisch: El Draque, deutsch: Franz Drache) (1540 – 1596) war ein englischer Pirat und Weltumsegler. Entdecker. Im Auftrag von Königin Elisabeth I. besaß er einen „Kaperbrief“. Damit war es ihm erlaubt, spanische Schiffe zu überfallen und deren Warenbestand – teilweise auch zugunsten der englischen Staatskasse – zu übernehmen. An der Küste Westafrikas betrieb er Sklavenhandel und machte damit Geschäfte im südamerikanischen Venezuela. Im Kampf gegen spanische Handelsschiffe flüchtete Drake und tauchte im Januar 1569 wieder in England auf. Danach entwickelte er einen persönlichen Hass gegen den spanischen König Philipp II. Auf seiner nächsten Schiffsreise erbeutete er als Pirat spanische Gold- und Silberschätze aus Südamerika. Auch in Panama machte er Beutezüge. 1573 knüpfte er erste Kontakte zu Frankreich und teilte mit deren Seefahrern seine Beute. Danach sollte Drake in den Gewässern zwischen der Insel und dem Mull of Kintyre patrouillieren, um zu verhindern, dass die Schotten in das Geschehen eingreifen könnten. Königin Elisabeth I. sah das auch als Abschreckungsmittel gegen potentielle schottische Gegner. Im Dezember 1577 brach er zu einer großen Weltreise auf. Am 5.6.1579 landete er in der Bucht von San Francisco, kam bis nach Java im heutigen Indonesien. Von der Ostküste Südamerikas kehrte er wieder nach England zurück. Am 26.9.1580 traf er in Plymouth ein, an Bord große spanische Gold- und Silberschätze. Sieben Monate später besuchte ihn die dankbare Königin im Londoner Stadtteil Deptford auf seinem Schiff und ernante ihn zum Königlichen Ritter. Am 30.5.1593 kam es in einem Deptforder Wirtshaus zu einer angeblichen Messerstecherei, bei der der Dramatiker Christopher Marlowe seinen eigenen Tod vortäuschte, um einem kurz bevorstehenden Prozess zu entgehen, der für ihn mit einer sicheren Todesstrafe wegen Gotteslästerei geendet hätte.

Im Mai 1582 legte Francis Drake eine gerichtliche Beschwerde gegen einen Gegner ein, weil der in aller Öffentlichkeit erklärt hatte, dass „die Königin den arrogantesten Schurken, den widerlichsten Halunken, den falschesten Dieb und den grausamsten Mörder geehrt“ habe. Wikipedia: „Spanien reagierte zunehmend gereizt auf die englischen Angriffe. Die Hinrichtung der katholischen Maria Stuart (befohlen von Elisabeth I.) am 8. Februar 1587 ließ den Anspruch von Philipp II. auf den englischen Thron weiter wachsen. Das vom Papst abgefallene England sollte endlich wieder rekatholisiert werden.“

Es gab damals noch ganz andere Glaubensformen: Ein Schöpfer oder elementare Naturgewalten (Wasser, Feuer) sollten demnach die Welt als Insel auf einem Ur-Ozean, oft mit den bekannten Weltmeeren verbunden, erschaffen haben. In einigen Bildern gibt es einen zum Himmel reichenden zentralen „Weltenberg am äußeren Rand einer Scheibe“. Im Weltbild der homerischen Epen war die Erde eine vom Wasser des Ozeans  umflossene Scheibe, die von der Halbkugel des Himmels überwölbt ist. Wikipedia: „Im Mittelalter war die Kugelgestalt der Erde nicht nur im arabisch-islamischen Kulturkreis  bekannt, sondern auch im europäischen Mittelalter die Lehrmeinung. Dessen ungeachtet wurde die Erde in Kunstwerken oft als Scheibe dargestellt (z. B. Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch noch um 1500).“

Der erfahrene Weltumsegler Francis Drake stand diesen Ideen sehr nahe. So wie auch der Portugiese Christoph Kolumbus (1451 – 1506). Ein breiter Strom antiken kosmologischen Wissens war damals Teil der öffentlichen Meinung. Aus dem, was man sah – eine flache Erde – zog man Rückschlüsse, die das Innere und Äußere der Welt betrafen. Die tiefsten Kategorien des Glaubens. Wikipedia: “ Seit etwa 2015 erlebt die These der flachen Erde wieder eine gewisse Verbreitung durch diverse Verschwörungsideologen im Internet. Die Anhänger der „Flachen Erde“ seien bei ihren Treffen beispielsweise immer auch Verschwörungstheoretiker und an die Existenz der Illuminaten glaubende Menschen. Der Illuminatenorden (lateinisch illuminati ‚ die Erleuchteten‘) war eine Vereinigung mit dem Ziel, durch Aufklärung und sittliche Verbesserung die Herrschaft von Menschen über Menschen überflüssig zu machen. Der Orden wurde am 1. Mai 1776 vom Philosophen und Kirchenrechtler Adam Weishaupt in Ingolstadt gegründet und existierte bis zu seinem Verbot 1784/85 vornehmlich im Kurfürstentum Bayern.

In London gehörte Christopher Marlowe einem Kreis von Intellektuellen, gebildetem Adel, Philosophen und Dichtern um Sir Walter Raleigh an, die eine geheime Gruppe von Freidenkern The School of Night gebildet hatten, die hinter verschlossenen Türen „verbotenes Wissen“ diskutierte und als verbotener „Kreis der Atheisten“ stigmatisiert wurde. 

Etwa im Jahr 1582/83, übersetzte Christopher Marlowe  Ovids erotische Liebesgedichte Amores  aus dem Lateinischen. Marlowes Ovid-Übersetzung wurde von der Zensur verboten und 1599 auf Befehl des Erzbischofs von Canterbury John Whitgift und des Bischofs von London Richard Bancroft durch Verbrennung beseitigt.“

Dieser Erzbischof, John Whitgift war auch die treibenden Kraft für den drohenden Londoner Prozess gegen Marlowe. Kurz vorher wurde sein Tod hochdramatisch vorgetäuscht, durch eine Wirtshaus-Messerstecherei im vorhin erwähnten Londoner Stadtteil Deptford, in Anwesenheit seines engen Freundes Thomas Walsingham, der auch englischer Botschafter in Paris war.

Marlowe lebte in einer Zeit zunehmender Weltoffenheit, gegen die sich die „alte Welt“ mit allen Mitteln wehrte. Deshalb musste der tödlich bedrohte Dichter untertauchen, tauchte aber als „Monsieur Le Doux“ vorübergehend in Paris auf, wo sein Freund Thomas Walsingham englischer Botschafter war. Seine späteren Spuren führen nach Verona in Norditalien. Im nahen Padua soll er 1627 gestorben sein, als Familienvater.

Je mehr man sich mit Marlowe beschäftigt, desto stärker wird der Eindruck von drei verschiedenen Existenzen. Als junger Dichter war er Marlowe, später als hochgebildeter Hauslehrer „Monsieur Le Doux“. Und als Hauptsache „William Shakespeare“. So hieß tatsächlich ein erfolgreicher Londoner Theaterdirektor, der fast nur Shakespeare-Stücke aufführte und damit reich wurde. Eine häufige Besucherin und persönliche Vertraute von Marlowes Meisterwerken war Königin Elisabeth I. Seine wichtigsten Werke sandte der vor einer sicheren Todesstrafe geflüchtete Marlowe aus Norditalien nach London. Vergleicht man die Texte von Marlowe und Shakespeare, ist ihre gedankliche Nähe offensichtlich, die bilderreiche, leidenschaftliche Sprache und der universale Anspruch. Erst als Marlowe mit 29 Jahren verschwand, tauchte, zum ersten Mal der Name des Dichters Shakespeare auf. Ein Theaterdirektor, der fast ausschließlich Stücke seines Namensvetters, also Marlowe, aufführte, die immer berühmter wurden. Heute gilt Shakespeare als der einsame Gipfel der englischen Literatur. Als Schüler lernte ich ihn mit siebzehn Jahren kennen. Eine deutsche Gesamtausgabe seiner Werke hat mich seitdem überall hin begleitet.

Man kann und muss nicht Alles wissen. Marlowe war bisher nur eine Randerscheinung für mich. Aber die Verbindung zu Shakespeare wird immer deutlicher. Eine Fundgrube sind die Sonette, die viele verschlüsselte Hinweise auf das Leben des Dichters geben, auf die Situation nach seinem vorgetäuschten Tod am 30.5.1593.

Goethe (1749 – 1832) hat zweihundert Jahre später, für sein eigenes Meisterwerk „Faust“ als Vorlage Marlowes Drama verwendet: „Die tragische Historie vom Doktor Faustus“.  Wikipedia über Marlowes Fassung: „Die achte Szene zeigt Faust und Mephistopheles (den Teufel) im Privatgemach des Papstes. Faust berichtet, auf welchem Weg sie nach Rom gekommen sind, und nennt die Stationen: Trier, Paris, Neapel, Padua und Venedig. Mephisto schildert ihm dann die Schönheit der Stadt am Tiberstrom, die Engelsbrücke mit ihrem mächtigen Kastell und die prächtigen Obeliske, die einst Julius Cäsar aus Afrika mitgebracht hat. Faust fiebert vor Sehnsucht, „die glänzend stolzen Denkmäler Roms und das Bild der Stadt zu sehen.“ Durch Dokumente historisch belegt, ist eine erste frühe Aufführung des Faust-Stückes durch die Schauspieltruppe der Lord Admiral’s Men am 30. September 1594.“

Das war nur ein Jahr später, nach dem 30.5.1593, als Marlowe seinen eigenen Tod vortäuschte. Ein Schnittpunkt, an dem sich sein ganzes Leben völlig änderte und er nur noch als Theaterdichter William Shakespeare weltberühmt wurde.

Warum er mich schon als Schüler so sehr faszinierte, ist damit auch klar: Sein universales Wissen. Seine ausgefeilte, leidenschaftliche, aber immer klare Sprache. Die Fähigkeit, sich in völlig unterschiedliche Perönlichkeiten genau hinein zu versetzen. Der tiefe Einblick in das menschliche Innenleben, in allen dunklen und hellen Extremen.

Am Vorabend seines eigenen Tods in Venedig las Richard Wagner (1813 – 1883) seiner anwesenden Familie im Palazzo Vendramin Auszüge aus „Romeo und Julia“ vor. Er meinte noch, „Die Engländer haben ihren eigenen Shakespeare nicht verstanden.“ Den Massengeschmack hat der Dichter auch gar nicht gesucht, aber die kraftvollen Worte sind leicht verständlich, wenn man sich dafür interessiert. Im Monat November ist auch das Tageslicht der Außenwelt schwächer, aber nicht das Wichtigste: Das Innenleben der Dinge.

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Bei Marlowe und Shakespeare lernt man sehr viel über Chiffren. Verschlüsselte Informationen, die einerseits eine klare Bedeutung haben, an der Oberfläche. Darunter können sich mehrere Wahrnehmungsebenen verstecken. Die Kunst besteht darin, dass jede Schicht für sich selbst logisch ist. Aber aus der Wortwahl und den Verknüpfungen können sich ganz neue Bedeutungen ergeben. Das wurde militärisch sehr wichtig im Zweiten Weltkrieg. Das deutsche Heereskommando sandte nur verschlüsselte Funksignale an die teilweise weit entfernten entfernten kämpfenden Einheiten. Doch die Engländer bauten „Enigma“, eine Dechiffriermaschine. Danach hörten sie Alles mit. Im Krieg kann das über den Sieg entscheiden. In der Psychoanalyse fand Freud die Schlüssel zum menschlichen Innenleben. Sein Schüler C.G. Jung konzentrierte sich auf die Ur-Bilder, die Archetypen. Das gemeinsame Gedächtnis der Menschheit, blieb aber manchmal im Spekulativen stecken, in den Hypothesen und Vermutungen.

Zum Thema „Christopher Marley“ sind hier bisher folgende Artikel erschienen:

https://luft.mind-panorama.de/mein-freund-christopher-marley/

https://luft.mind-panorama.de/monsieur-le-doux/

https://luft.mind-panorama.de/die-weltformel-shakespeares-sonette/

https://luft.mind-panorama.de/romeo-in-verona/

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