3.10.2021. Zu unserer Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern gehörte damals auch ein Freibad, im Sommer ein zentraler Anziehungspunkt, neben einem großen Park und kilomterweiten Flachland-Idyllen. Wie ein Brennpunkt war das Freibad der große Treffpunkt, vorher und auch nach jedem Besuch. Neben dem Fahrrad-Parkplatz war ein stiller, kleiner Wald, in dem jeden Morgen die Müllabfuhr mit dem Wegräumen voll beschäftigt war. Rechts gab es ein Bimarck-Denkmal, nur ein grauer Stein aus Beton, mit einer Metallplatte. Ringsum waren Bänke, Sträucher und ein schmaler Weg. Wenn man zufällig dort auftauchte, saßen am Denkmal viele junge Ausländer, Gastarbeiter und junge deutsche Mädchen. Sie mochten es nicht, wenn sie gestört wurden, und deshalb ging man dort selten hin. Das Gelände war der südlichste Punkt der Stadt. Mit dem Fahrrad konnte man kilometerweit fahren, in den alten Wäldern vom Gut Schwarzbach, wo auch Hochsitze für die Jäger waren, wenn sie auf sclaflose Hirsche und Rehe lauerten. Die Nachbarskinder waren oft dabei. Wenn ich im August dort allein unterwegs war, hatte ich oft die Musik einer Radio-Übertragung im Kopf und träumte davon, ein einziges Mal im Leben in Bayreuth zu sein, das damals Gesprächsstoff für alle großen Zeitungen war. Es waren die Goldenen Jahre unter der Leitung von Wieland Wagner. Zum Stichwort „Goldene Jahre“ findet man hier über 80 Artikel:
https://luft.mind-panorama.de/?s=goldene+jahre&x=18&y=8
Goldene Jahre sind im Sprachgebrauch die besten Jahre, auch bei Firmen und großen Staaten. In der Erinnerung haben sie einen strahlenden Glanz, der mit der Realität nicht unbedingt etwas zu tun hatte, aber die Eindrücke waren besonders stark. In Venedig gibt es ein grenzenloses Gedränge, vom Massentouristen. Trotzdem ist die Traumstadt stärker, mit ihren Palästen, dem Canale Grande und den stilleren Arbeitervierteln. Gleich neben dem überfüllten Markusplatz muss man nur hundert Meter am Wasser entlang gehen. Dann öffnet sich ein kleiner, stiller Park, wo schon morgens die Einheimischen auf gute Gespräche und freundliche Besucher warten. Auch nachts, wenn die Menschen einsam sind und noch Anschluss suchen. Aber dabei darf man niemals aufdringlich sein, sonst spricht sich das herum und jeder Belästiger und Steinzeitmensch hat dann die ganze Stadt gegen sich, zu Recht.
In München gibt es nicht nur ein Freibad, sondern viele, aber sie sind anonym und Ersatzmöglichkeiten gibt es genug. Zum Beispiel einen Teich im Wald am Lerchenauer See, wo ein junger Mann hartnäckig behauptete, er wäre aus der dortigen Gegend. Aber er sprach einen drastischen Wiener Dialekt, gab das zwar auch nicht zu, hatte aber eine Lebensnsphilosophie, wie man sie nur in Wien findet, gleich neben dem Vergnügungs-Prater mit dem großen Riesenrad. Eine Stunde haben wir uns später in einem Münchner Arbeiterlokal an der Theke unterhalten und dabei viel gelacht, aber dabei nichts über Wien gesagt. Das ist gut angekommen, denn zwei Wochen später stand er hinter der Eingangstür, mit mehreren seiner Freunde und ließ mir vom Wirt sofort ein frisches Bier bringen. So etwas lässt man sich nicht schenken, und mit dem zweiten hat er dann auch gewinkt, weil es von mir war. Kurz danach wurden sämtliche Lokale wegen der weltweiten Corona-Probleme geschlossen, und ich habe ihn nie wieder gesehen.
Das muss auch nicht sein. Klammeraffen sind eine Zumutung. Wenn ein gutes Bild in der Erinnerung zurückbleibt, kann man es auch wieder auffrischen. Oft mit ganz anderen Menschen. In der Gegenwart steckt München voller Probleme und problematischer Figuren, die Anschluss suchen. Dafür ist die Zeit zu schade. Qualität ist wie echtes Gold, das rostet nicht. Und materielle. finanzielle Kostbarkeiten machen auch nicht glücklich. Dafür gibt es Beispiele, jeden Tag in den Informationsmedien. Auch auf dieser Webseite. Aber Probleme haben dann einen Wert, wenn man sie lösen kann. Viele Rezepte dafür findet man auch hier, in bisher 1.215 Beiträgen (Stand von heute). Die meisten Leser kenne ich nicht persönlich, aber gelegentlich ist in Zufallsgesprächen schnell festzustellen, ob sie dazu gehören.
Nur als spontanes Beispiel nenne ich die Länder Türkei, USA, China, Italien. Angeberei ist Dummheit, aber ich freue mich, wenn ich sie an ihren Gedanken erkenne, und sie sind aufgeschlossen für Ideen, manchmal dort, wo sie auch etwas damit bewegen können. Einem Beamten des römischen Innenmisteriums, der seine Identität bis heute nicht enthüllt hat, habe ich nach ein paar Minuten gesagt, was er beruflich macht. Er sagte dazu keinen Ton, aber seine anwesende Frau sagte, „Das ist ja ganz erstaunlich, was Sie da sagen.“ Das war im November 2015, vor sechs Jahren. Es ist seitdem nicht wieder aufgetaucht, aber es war kein Einzelfall.
Jeder Mensch ist wie ein eigenes Planetensystem und muss dessen Gesetze beachten. Geschieht das nicht, verschwindet er im Universum und vereinigt sich mit dem Kosmos, aus dem er entstanden ist.
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