Karfreitagszauber 1928

14.5.2021. Den großen Waldfriedhof in Münster habe ich nur zwei Mal besucht, an einem Karfreitag. Beim ersten Mal besuchte dort ein Freund das Grab seiner Eltern. Ich blieb im Auto sitzen und hörte Wagners „Karfreitagszauber“. Das war 1986. Zehn Jahre später, 1996, kehrte ich dorthin zurück und erfuhr telefonisch bei der Verwaltung, zum ersten Mal, dass er selbst auch dort im Familiengrab ruhte. Seitdem habe ich die Stadt nicht mehr besucht, aber nur, weil es dafür keinen Grund mehr gab. Lebensabschnitte gehen zu Ende. Viele Bekannte vergisst man schon nach kurzer Zeit, vor Allem, wenn sie in der bayerischen Großstadt nicht von selbst ihre eigenen Wege gehen, sondern immer wieder dort auftauchen, wo man sie schon lange nicht mehr anschauen will. Besitzergreifende Klammeraffen sind leiden keine exotischen Tiere, sondern vermehren sich oder bleiben einfach dort, wo sie auch hingehören.

Wagners „Karfreitagszauber“ hat mit Traurigkeit nichts zu tun. Es ist eine wunderbare, lichtdurchflutete Musik. Der Titelheld Parsifal kehrt nach vielen Enttäuschungen und Abenteuern in den stillen Gralswald zurück. Er hat gelernt und dabei die höchste Stufe der Erkenntnis erreicht, die Erleuchtung. Das ist die innere Vereinigung des Menschen mit den sichtbaren Zeichen Gottes, die er erkennen kann, Die „Unio Mystica“. Was das bedeutet, wird immer weniger verstanden. Man findet es hier in dem Kapitel „Die Gesetze der Mystik“, mit 50 Artikeln zum Thema:

https://luft.mind-panorama.de/?s=gesetze+der+mystik+&x=15&y=4

Im zweiten Parsifal-Akt geht es um Lust und übertriebene Gier. So wie im letzten Buch der Bibel, der „Johannes-Apokalypse“. Dort tauchen kurz vor dem Weltuntergang zwei Figuren auf. Die „Hure Babylon“, die Mutter der sündigen Stadt Rom. Begleitet von einem kranken, scharlachroten Tier, mit einer Erkennungs-Ziffer, der dreifachen „ 6 6 6 „ . Beide werden von Engeln vernichtet, dann folgt das Jüngste Gericht. Die Sünder werden in die Hölle geschickt. Die Gerechten leben an der Seite Gottes, bis an das Ende aller Tage. Der erste und dritte Parsifal-Akt umrahmt diese vernichtende Situation, mit einer flutenden, überirdischen Musik. Der neue Gralskönig eröffnet am Ende das Ritual, in dem der Gralskelch hell erleuchtet wird, als Zeichen der „Unio Mystica“, der mystischen Vereinigung mit dem Universum, wie sie auch im „Tristan“ geschieht, der mit dem kosmischen Liebestod endet. Der Auflösung des vergänglichen Körpers im Universum, aus dem alle Lebewesen kommen. Man kann das Werk viele Jahre lang gründlich studieren, übrig blribt immer ein Geheimnis, das sich nicht auflösen lässt. Ein Jahr nach der Uraufführung starb Wagner in Venedig. Sein letztes Bühnenwerk ist unsterblich.

Es ist ein „Opus Summum“, die Summe aller seiner Erfahrungen und Erkenntnisse. Aber bewundert wird es auf der ganzen Welt. Denn der Komponist war ein Medium, ein Vermittler zwischen den Menschen und der Ewigkeit. Materielle Schätze wie das „Gold des Nibelungenrings“ zeigte Wagner als verflucht und zerstörerisch. Er selbst lebte gern gut und hat das auch gezeigt. Aber es war nur der Hintergrund,, der alles Andere möglich machte. Sein Festspielhaus ist zwar auch eine Goldgrube für reiche Finanzinvestoren, aber sie stoßen dabei an ihre Grenzen. Jeder materielle Erfolg setzt voraus, dass im Innenleben Alles richtig läuft. Das ist auch das Geheimnis der Macht, und zu deren Gesetzen gibt es hier ein eigenes Kapitel, mit bisher über 30 eigenen Artikeln:

https://luft.mind-panorama.de/?s=architektur+der+macht&x=9&y=2

Da widerspricht sich gar nichts, aber die eine Dimension muss die andere ergänzen, sonst entstehen Lücken, die sich nicht schließen lassen. Auch aus der Ferne sind sie erkennbar, aber nicht zu beseitigen. Dafür gibt es andere Leute, die man vielleicht nur suchen und finden muss.

Dazu gelang dem Dirigenten Karl Muck schon 1928 eine unvergleichliche Studio-Aufnahme in Berlin:

https://www.youtube.com/watch?v=EnSOD99uRj4
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