Klatschzentren

3.6.2021. Klatsch und Tratsch liebt die ganze Welt, aber es gibt auch Klatschzentren. Überall dort, wo Menschen sich treffen, und zur Zeit werden es immer mehr. Wenn es zu viel wird, geht man zu den Geheimtipps. Die verstecken sich nicht, sondern können ganz kleine Bierlokale sein, wo man immer die gleichen Leute trifft. Sie wissen Alles, manchmal nur gar nichts über Zufallsgäste, die kurz auftauchen und danach woanders hingehen.

Jahrzehntelang kann man das erleben und lernt dabei immer mehr. In langen beruflichen Besprechungen bin ich oft fast eingeschlafen, weil der Leiter und seine Zuhörer so langweilig waren, aber sich selbst das Gegenteil einbildeten. Viel besser sind überschaubare Plätze, wo sich Keiner wichtig nimmt. Die falschen Hunde erkennt man an ihrem Verhalten, an der übertriebenden Körpersprache, der hinterlistigen Gesichtsmuskulatur und an ihren Lieblingsthemen. Gelogen wird dabei nicht immer, denn Phantasie und Einbildung sind auch eine Art von höherer Bildung, manchmal sogar mit  hochprozentigen Zutaten.

Einfache Menschen besitzen oft viele praktische Erkenntnisse und Lebenserfahrung, aber Dumme können sehr langweilig sein. Denn außer ihrer neugierigen Beschränktheit belästigen sie auch noch mit ihrer unruhigen Aufdringlichkeit und den Verfolgungsphantasien, mit denen sie sich überall einmischen wollen.

Eine Sondergruppe ist dabei völlig unauffällig, kleidet sich auch so und spricht gedämpft. Da helfen nur Antennen, die gut eingestellt sind und feine Signale empfangen. Auf keinen Fall elektronische, denn die meisten sind für Privatpersonen und Privatfirmen verboten, und auch noch für einen größeren Kreis. Es reichen einfach die natürlichen Sinne: Sprechen, Hören, Sehen und Verstehen. Das kann eigentlich Jeder, aber nicht besonders gut. Voraussetzung sind Training und gute Spezialkenntnisse, außerdem persönliche Erfahrungen, dazu ein möglichst weiter Panorama-Horizont. Das kann man von selbst bekommen, aber dazu gehört auch eine Naturbegabung, sonst wird ein Chaos daraus, mit groben Wirbelstürmen und viel heißer Luft. Ein Vergnügen ist es jedenfalls, wenn man nur aus Andeutungen und wortlosen Zeichen ein neues Bild zusammensetzen kann. Leider erlebt man auch dabei nicht nur Sonnenschein, aber das ist unvermeidbar, weil Arbeit  auch dafür sorgen muss, das Jeder sofort das bekommt, was er verdient.

Auf einem Marktplatz in Südeuropa geht es unruhiger zu, aber genau das soll es ja nicht sein. Wenn man wirklich hinschaut, müssen alle Nebensachen innerlich abgestreift werden. Nur dann kommt man zur Hauptsache. „Wer gegen den Strom schwimmt, findet die Quelle.“ Das ist mühsam. Manchmal lohnt es sich. Man merkt es am Ergebnis: Gewinn oder Verlust. Das gilt auf allen Ebenen, finanziell und bei allen anderen Abenteuern. Es entscheidet über jeden Plan  und lässt sich nicht wegdrängen, wil es einfach stärker ist.

Kein Einzelbild zeigt die ganze Wahrheit, aber den Weg dorthin. Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ schildern Einzeleindrücke vom Alten Russland, die völlig unterschiedliche Themen haben, deren Lücken sich aber ausfüllen lassen und die insgesamt ein einziges großes Bild des Landes ausbreiten. Valery Gergiev gestaltete das auf dem Münchner Odeonsplatz, an einem Sommerabend 2017. Vorbei ziehen wechselnde Motive:  1.  Der Gnom 2. Das alte Schloss 3. Die Tuilerien 4. Der Ochsenkarren 5. Ballett der Küken in ihren Eierschalen 6. Samuel Goldenberg und Schmuyle 7. Der Marktplatz von Limoges 8. Die Katakomben 9. Die Hütte der Baba-Jaga 10. Das große Tor von Kiew.

https://www.youtube.com/watch?v=kkC3chi_ysw

.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.