Lawinen im Hochgebirge

1.7.2021. In Kleinstädten gab es nach dem letzten Kriegsende 1945 ein Überangebot an Wohnungen. In den Großstädten waren es ganze Viertel, die zunächst möglicht schnell und billig aus dem Boden gestampft wurden und wie große, rechteckige Schuhschachteln aussahen. Nur drinnnen lebten echte Menschen mit Phantasie und dem Drang nach Abwechslung. Als in der Provinz die nachwachsende Generation auszog, waren viele Objekte schwer verkäuflich und nicht einmal vermietbar. Die traditionellen Dachgiebel waren zu funktionierenden Wohnungen umgebaut, aber unter den schrägen Wänden  entstanden unbenutzte Leerstände, weil sie zu ungemütlich waren. Die Kredite musst3en trotzdem, monatlich zurückgezahlt werden, sonst gab es Zwangsversteigerungen, weit unterhalb des tatsächlichen Werts. Außerdem verschwanden die kleinen Läden, weil die preiswerten Supermärkte sich schnell vermehrten, die mit den zunehmenden Massen an Privatautos leicht erreichbar waren. Sogar Lokale und Cafés verringerten sich und ballten sich in den Stadtzentren. Im Prinzip hat sich daran nicht viel geändert. Unvergesslich blieb ein erfahrener Architekt, der meine Eltern schlecht beriet und beim zufälligen Blick in den Blumengarten rief, „Da ist ja auch noch Bauland!“ Das bekam er aber nicht, und weil er nicht viel leistete, wurde sein vierstelliges Starthonorar auch abgelehnt. Der Streit zog sich hin bis zum Oberlandesgericht, wo er auch verlor.

Später gehörte das zum beruflichen Alltag. Die Branche hat viele Meister und Vorbilder, aber die schwarzen Raben waren noch auffälliger. Dabei könte Alles so leicht sein. Material plus Arbeitslohn plus Gewinn, die Formel ist unangreifbar. Schwierig daran ist nur die Vielzahl der Einflüsse, die aus allen Richtungen kommen und zum Teil ungebremst durch die Straßen jagen. Das zu durchschauen ist nicht schwer, aber wenn im Hochgebirge eine Lawine sich in Bewegung setzt, ist sie nur noch schwer aufzuhalten.

Wer gern über das Wetter redet, kennt sich damit aus. Leider gibt es Büro-Besprechungen mit zwanzig angereisten Teilnehmern, die darüber reden, dass in China ein Sack Reis umgefallen ist. Wer oben auf der Hühnerleiter sitzt, bestimmt das Tempo. Statt der Hauptsachen wird Kleinholz verarbeitet. Gewöhnen kann man sich auch daran, aber die Ergebnisse sind schlecht. Auch dagegen  gibt es einfache Formeln. Hier nur kurze Beispiele: Fakten verändern sich. Vergangenheit und Gegenwart ergeben eine klare Linie, die nach unten oder oben zeigt. Tabellen und Diagramme wimmeln von geprüften  Zahlen, aber dahinter stecken Abläufe, die falsch bewertet oder gar nicht beachtet werden. Wenn Probleme immer größer werden und unlösbar wirken, muss man sie sortieren und den Staub abwischen. Dann kommt der Durchblick wieder. Funktioniert das nicht, sind die Plätze falsch besetzt.

Zum Lachen ist das nicht. Statt dicker Doktorarbeiten mit vielen, absichtlich unverständlichen Fremdwörtern, soll hier eine leichte Verständlichkeit herrschen. Dass in den letzten Jahren trotzdem zu viel gelacht wurde, liegt weniger an den Grinsemännern, sondern an den Ausbildern. Als Blitzableiter und Sündenböcke sind auch sie nicht geeignet, aber alle kennen ihre eigenen Auftraggeber. Dann wird die Luft dünner und einsamer, aber die Natur will es so, in der Biologie, der Juristerei und bei den Spitzenpolitikern. Nur wer nach oben schaut, entdeckt die Spitze eines alten Baums. Nur wer gegen den Fluss schwimmt, erreicht die Quelle. Solche Universalgesetze sind nicht einmal überall bekannt. Aber die Folgen bekommt Jeder zu spüren.

Als musikalische Meditation  passt dazu  das ausdrucksvolle Adagio für Streicher, von Samuel Barber (1910 – 1981) :

https://www.youtube.com/watch?v=Hc8gYoXkLZ4

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