Martin Heidegger

8.8.2020. In späteren Jahren hatte Martin Heidegger (1889 – 1976) feste Gewohnheiten. Er lebte zurückgezogen auf dem Land, arbeitete vormittags an seinen philosophischen Schriften. Mittags aß er gemeinsm mit seiner Lebengefährtin, die er als Zuhörerin bei seinen Vorlesungen kennengelernt hatte. Nachmittags ging er zu den benachbarten, abgelegenen Bauernhöfen und schaute dort Fußball.

Noch unauffälliger geht es nicht. Wichtig machen wollte er sich damit nicht. Seine Texte kann man auch als Zumutung bezeichnen. Er verwendete eine äußerst schwierige Sprache. Ich habe nur deshalb keinen weiten Bogen darum gemacht, weil ein befreundeter Student über den Geistesriesen eine Seminararbeit schreiben musste und weder Lust noch Interesse daran hatte. Also war eine Lösung fällig. Abends haben wir beim Bier über Heidegger gesprochen. Die Seminararbeit habe ich allein geschrieben. Sie bekam von einer angesehenen bayrischen Univerität ein „Befriedigend“, was – angesichts der Umstände – eine Auszeichnung war. Er selbst hatte Pech. Bei der anschließenden theoretischen Prüfung ist er durchgefallen.

Ganz anders war zu dieser Zeit das gleiche Thema in der fränkischen Provinz. Ein Pilslokal, das schon lange nicht mehr existiert. Lärmende Disko-Musik an der überfüllten Theke. Doch mit einem anderen Gast gelang ein hochkonzentrierter Gedankenaustausch über den Tübinger Philosophen. Das klappte nur deshalb, weil auf beiden Seiten Grundkenntnisse vorhanden waren. Die Wirtshausmusik war plötzlich ganz leise, obwohl Niemand am Lautstärkeregler gedreht hatte. Die Konzentration auf das Gespräch war einfach stärker. Das funktioniert auch in einer überfüllten U-Bahn. Die Meditiation ist eine Denkmethode, die Nebensachen und Nebengeräusche einfach abschalten kann. Allerdings nicht in der Nähe von Schwätzern und Dampfplauderern.

Von Heidegger muss man nur den Begriff „Geworfensein“ als Beispiel nehmen. Er bedeutet, dass der Mensch bei der Geburt in ein Schicksal einfach „hineingeworfen“ wird, das er sich nicht ausgesucht hat und mit dem er selbst umgehen muss. Die Lehrer haben uns damit verschont. Aus Klugheit. Aber auch aus einem unklaren Gespür für Dimensionen, die einfach ein paar Nummern zu groß sind.

Wie viel Zeit verschwendet man mit sinnlosem Zuhören, überflüssigen Projekten und unverschämten Menschen! Jeder versteht das, läuft aber einfach weiter im Hamsterrad, das sich nur dreht und Energie verschwendet.

Die Musik ist kein Wundermittel, enthält aber eine ungeheure Energie, wenn auch die Mitwirkenden davon erfüllt sind. Ganz ohne einen ungebremsten Überdruck. In den Filmarchiven schlafen Dokumente der Vergangenheit, die sogar hundert Jahre alte Mitschnitte aus der akustischen Steinzeit durch eine behutsame Restaurierung auf qualitative Gipfel steigern.

Vor Allem erlebt man unbekannte Musiker. Eindringliche Chöre aus Nordamerika. Große Sänger, von denen man überhaupt noch keine Aufzeichnungen kannte.

„Was ist die stärkste Macht der Welt?“ Darauf gab ein einzelner Zufallsbesucher vor dreißig Jahren eine klare Antwort, deren schnelle Kurzform aber keine Antwort ist.

James Bowman singt: „Eternal Source of Light Divine“

https://www.youtube.com/watch?v=Cdjp3_VbYxI

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