19.5.2021. Man kehrt immer wieder an den Anfang zurück. Für Bergwanderer ist das kein guter Tipp. Sie können sich zwar mit einem Smartphone orientieren, aber sonst finden sie kein Ziel mehr. In anderen Fällen funktioniert die Regel. Die griechischen Sagen erzählen von einem Ungeheuer Minotaurus, das sich in einem unübersichtlichen Labyrinth versteckte. Der Held Theseus bekam ein rotes Wollknäuel. Den Anfang des langen Fadens ließ er am Eingang des Irrgartens fallen und ging los. Jedesmal, wenn er den Faden wieder sah, wusste er, an dieser Stelle war er bereits vorbeigekommen. So kam er rasch zum Minotaurus und besiegte ihn.
Der Faden wurde mit dem Namen Ariadne verknüpft. Seitdem ist er ein Symbol für die Aufösung von Rätseln und schlauen Plänen. Mit einem festen geographischen Standort ist er nicht verbunden, man gebraucht ihn auch als Chiffre, als Stichwort, das Alle verstehen.
Und es gilt für viele Bereiche. Meine Kindheit begann an der holländischen Grenze in Westfalen. Von dort aus führten viele Stationen durch eine lebhafte Welt, die mit Erkenntnissen verbunden war. Dazu gehören auch schlechte Erfahrungen, denn sie sind der Schlüssel zur Fortentwicklung. München ist dafür ein Musterbeispiel. Nach über dreißig Jahren kann man Gut und Schlecht immer genauer trennen und voneinander unterscheiden.
Dabei geht der gedankliche Blick immer wieder zurück zum Anfang. Wie eine winzige Miniatur war dort bereits Alles aufgebaut, das man sich jahrelang nicht erklären konnte. Aber die Wiederholung der Bilder und Ereignisse ergibt so viele Ähnlichkeiten, dass man sie, erst nach Jahrzehnten so gut versteht, als hätte man sie in einem Lehrbuch gefunden. Auch Rechtsbrecher und Lügner wiederholen sich, an ihrer Handschrift kann man sie schnell erkennen.
In einem Zufallsgespräch mit Unbekannten ist es sogar ein Vergnügen, wenn man sie durchschaut. Damit muss man vorsichtig sein, denn neugierig sind Alle, aber lieber nur bei Anderen. Das gleiche gilt auch für Texte. Was ein Autor wirklich denkt, kann man in seinen Worten versteckt finden, auch das, was er gern geheim halten will, selbst wenn es unwichtig ist. Die Suchmaschinen im Internet werten das Alles vollautomatisch aus und senden Alarmsignale, wenn sie darauf programmiert sind.
Weil das zwar sehr fleißig geschieht, kommen Berge von Datenmüll zusammen, die Keiner braucht und deren statistische Häufigkeit nur für Reklamefirmen interessant ist. Ich habe Null Interesse an den verborgenen Informationen der Weltbevölkerung und würde eine derartige Technik nicht einmal für gutes Geld anwenden. Die wichtigen Dinge erfährt man durch Nachdenken über frei zugängliche Informationen. Selbst das geht ins Leere, wenn nichts dahintersteckt, und bei der Mehrheit ist das so. Man kann verschlüsselte Mails und deren Absender problemlos identifizieren, wenn sprachliche Eigenarten sich darin wiederholen. Oder Lieblingsthemen. Temperament. Rechtschreibfehler. Meistens sind das Leute, denen man aus dem Weg gehen sollte, weil sie überall derartige Spuren hinterlassen und nichts Wissenswertes enthalten.
Die beliebte Fernsehsendungen „Aktenzeichen XY“ verwendet seit vielen Jahren die gleichen Methoden. Manchmal hört man im Bekanntenkreis von den Sensationen. Sie unterscheiden sich äußerlich, aber enthalten auch Wiederholungen. Genau das sind die Lücken, in die man mit verbesserter Technik hineinschauen kann, indem man ein paar Werte verbindet: Datum. Häufigkeit. Umfeld der Personen und ihre Privatverbindungen. Das ist nur eine kleine Auswahl und muss ergänzt werden, nach dem oben erklärten Prinzip, zur Rückkehr an den Anfang.
Hier fehlen noch viele Ideen. Daten allein können in die Irre führen oder gefälscht sein. Die Möglichkeiten der Computerprograme sind noch nicht ausgeschöpft. Gleichzeit muss man dringend davor warnen, solche Methoden zu übertreiben. Unser Grundgesetz von 1945 garantiert, nur als Beispiel, die freie Meinung, den Zugang zu Informationen (Internet), die Unverletzlichkeit der Privatsphäre und den Schutz der Menschenrechte. Von 1933 bis 1945 gab es Gesetze, die den Missbrauch sogar erlaubten, aber vor dreißig Jahren verschwanden sie, auch in Ostdeutschland. Die Juristen haben oft übersehen, dass die alte Denkweise immer noch existiert. An einfachen Biertheken oder anderen Treffpunkten für gemeinsame Gespräche merkt man das schnell.
Es führt aber zu Nichts. Die Zukunft hat ganz andere Fragen, deren Beantwortung hier immer wieder versucht wird. Informationslücken kann Jeder selbst füllen. Was in die Irre führt, findet man mit dem erwähnten, roten Ariadnefaden. Das muss kein Gegenstand sein, sondern nur ein paar Erkenntnisse, die bis heute nicht Jeder versteht.
Ariadne war eine Prinzessin, die Theseus diesen roten Faden schenkte. Eine Märchengestalt, mehr nicht. Im wirklichen Leben findet man sie nicht. Wer Träume zu ernst nimmt, bleibt in der Realität damit allein. Oder belästigt andere damit, die Nichts davon wissen wollen.
Aber einer der besten Einfälle von Richard Strauss in seiner Oper „Ariadne auf Naxos“ ist das Lied: “ Es gibt ein Reich, wo alles rein ist. Hier ist nichts rein! Bald aber naht ein Bote, Hermes heißen sie ihn. Mit seinem Stab regiert er die Seelen. Du wirst mich befreien, mir selber mich geben.“ Auch Hermes ist nur eine Sagengestalt. Wenn man den Namen im Wikipedia-Lexikon nachschlägt, findet man lesenswerte Hinweise, zum Nachdenken. Mehr nicht.
Das Lied singt hier die unvergessene Lisa della Casa (1919 – 2012):
https://www.youtube.com/watch?v=oxtuyQ13DuI
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