Texte, die 1985 in Münster entstanden :
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Am Buddenturm
Münsters flimmernde Altstadtlichter sind ganz nah,
Am Buddenturm ist ein kleiner Park.
In der Abenddämmerung
verschwinden die Hausfrauen mit den Kinderwagen von weißen Holzbänken.
Im Abendschatten packen Schüler Tennisschläger ein. Dann wird es still.
In einem Schlachtfeld leerer Weinflaschen
liegt nur noch ein Stadtstreicher, umklammert fluchend ein Kofferradio.
Stampfende Schlagermusik eröffnet die Nacht.
Unmerklich versammeln sich Menschen im Dunkeln,
wandern unter finsteren Bäumen
am Rand der verlassenen Rasenfläche entlang,
Aus der Ferne strahlen Schaufenster der Innenstadt. Autos rasen durch die Nacht.
Doch viele Menschen bleiben hier, in der milden Sommernacht
Rindvieh kommt und eitle Pfauen.
Schakale, Esel, sanfte Schafe.
Wenn die Lokale schließen, kommt die letzte Schicht.
Rastlos kreisen und suchen sie.
Hier enden Freundschaft, Liebe, feste Bindung,
als gutes Sprungbrett für das nächste Abenteuer.
Im Dunkeln sieht man nicht genau,
was kommt: Das Risiko der letzten Einsamkeit.
Erst wenn das Licht des heißen Sommertags sich wieder nähert,
gehen die Letzten zu nachtschwarzen Häusern.
Arm in Arm
oder allein.
Bald kommen die Kinderwagen, die Rentner auf den weißen Bänken,
die ahnungslos den Tag verplaudern.
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Nach Mitternacht
Abends schwirren viele Mücken in der Luft.
Musik schallt aus offenen Fenstern und von dunklen Balkons.
Gläser klingen. Stimmen flüstern, lachen in der Dunkelheit.
Und der helle Himmel dieser Sommernacht
will sein Licht noch immer nicht verbergen.
So sind die Nächte, die nie Ruhe geben.
Gedanken kreisen. Menschen schlafen nicht,
in fahlen Räumen vor blind flimmernden Femsehern,
in Betten, gemeinsam und doch einsam miteinander.
Musik nach Mitternacht,
schallt süß und sanft, aufbrausend wild,
trägt in sich alle Sehnsucht eines längst verschwundnen Meisters.
Tschaikowskys Vierte Sinfonie. Der dritte Satz verklingt mit Wehmut.
Noch immer feiern Menschen draußen bis zum frühen Morgen.
Dunkle Köpfe zucken hinter Fenstern, gelb und orangerot beleuchtet,
bis in der Glut der Morgendämmerung dies Licht der Nacht verlischt.
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Die Nacht ist nie so lautlos still
wie in den letzten Stunden,
wenn die Menschen alle schlafen hinter dunklen Fenstern,
um Kraft zu sammeln für den nächsten Tag.
In dieser Stille kreisen frei Gedanken,
tauchen tief in Feuer der Vergangenheit
zur Zwiesprache mit dunklen Erinnerungen.
Schlaflos zwischen Mitternacht und Morgen
trieb ein Gedankensturm fort aus dem Haus,
Dort wartete, ganz unvermutet, ein Phantasiebild. Ganz aus Fleisch und Blut, mit dunklen Locken.
Ein anderer Mensch kam heute nicht zur fest versprochenen Zeit. Das war mein Glück.
Ein Märchentraum begann. Später kam auch noch Vertrauen.
in einem Bild, das noch in hundert Jahren alle Welt verzaubert.
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In Winternächten lockt die Stadt mit bunten Lichtern.
Da laufen wir in dicken Jacken zu den alten Giebelhäusern am Prinzipalmarkt,
plaudern unter fremden Gesichtern im Traditionslokal „Bullenkopp“.
Nach Mitternacht kehren wir zurück zur Wohnung,
im fahlen Licht der schneebedeckten Promenade.
Unterwegs heult ein Hund vor verschlossenener dunkler Tür.
Auf einer kalten Bank schläft ein Mensch im löchrigen Mantel.
In einem gelb erleuchteten Zimmer
beschimpfen sich ein Mann und eine Frau.
Im Traum ahnen wir: Nahe ist auch eine andere, dunkle Welt.
Später dämpfen wir das Licht.
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