9.5.2019. Die Bavaria-Filmstudios sind nur zehn Minuten Fahrzeit von hier entfernt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren sie das Zentrum der deutschen Filmindustrie. Sogar der junge Alfred Hitchcock und Ingmar Bergman haben dort gearbeitet.
In den Sechziger Jahren sorgte das Fernsehen dafür, dass die Kinos langsam immer leerer wurden. Das Internet hat mit YouTube und anderen Kanälen längst die Möglichkeit, alle wichtigen Spielfilme in voller Länge zu zeigen.
Vor einem Jahr setzte sich ein junger Mann in einem Wirtshaus in meine Nähe, tippte auf seinem Laptop herum und schaute immer wieder die gleichen Filmszenen an. Wir kamen ins Gespräch. Er war im Bereich der Spielfilmproduktionen tätig und klagte, „Wir haben die beste technische Ausrüstung. Aber es fällt uns nichts mehr ein.“ „Das stimmt. Seit zehn Jahren bin ich nicht mehr ins Kino gegangen.“ Da hatte er einen spontanen Einfall, „Vielleicht sollten wir mal wieder ein paar nackte Ärsche über die Leinwand jagen.“ „Eine gute Idee. Wenn du dabei mitmachst, kaufe ich mir auch eine Eintrittskarte.“
Tatsächlich ist dieser Film ein halbes Jahr später in die Kinos gekommen, im letzten Dezember, mit zwei bekannten Münchner Jungschauspielern. Und nach ein paar Tagen wieder verschwunden. Ich habe nur die Vorschau gesehen. Langweilige Dialoge. Eine belanglose Handlung. Damit kommt man nicht weit. Im Internet gibt es dafür viel Konkurrenz.
Im letzten April wurden viele Zuschauer auf das Bavaria-Gelände gelockt, um sich dort die Live-Übertragung der „Versteckten Kamera“ anzuschauen. In ihren Anfängen war diese Sendung sehr originell, aber dem Einfallsreichtum sind längst Grenzen gesetzt. Immerhin werden die gefilmten Opfer vor der Veröffentlichung um Erlaubnis gefragt. Ohne nachweisbare Genehmigung handelt es sich um eine Straftat. Privatfirmen aus der Security-Branche dürfen das überhaupt nicht, auch keine Telefone oder Wohnungen überwachen. Die Gefahr, dabei erwischt zu werden, ist sehr hoch, weil auch elektronische Spuren sich noch Jahre später zurückverfolgen lassen. Dann wird der Laden dicht gemacht, und es werden hohe Entschädigungszahlungen fällig Die Polizei ermittelt übrigens auch bei anonymen Anzeigen. Die Ergebnisse müssen ohne Bewertung der Staatsanwaltschaft zur Bewertung schriftlich vorgelegt werden.
Im Sommer vor zwei Jahren war auf einer gut besetzten Wirtshaus-Terrasse nur noch ein Platz frei. Die anderen Tischnachbarn war jung und gut gelaunt. Sie erzählten, dass sie zu den Mitarbeitern der Fernsehsendung „Dschungelcamp“ gehörten. Ich erklärte ihnen, dass dort die Verfassung und andere Gesetze gebrochen werden. Das Recht auf Menschenwürde und ähnliche Fälle gehören zu den wichtigsten Regeln unseres Grundgesetzes, die nicht einmal gegen Geld verkauft werden dürfen. Daraufhin bekam die Runde einen plötzlichen Anruf, sofort zu gehen, und alle sind rasch verschwunden. Vielleicht haben sie trotzdem darüber nachgedacht.
Aber es gibt auch Erfreuliches. Im November 2015 war ich im Erfrischungsraum des Kulturzentrums Gasteig. Plötzlich stellte sich ein Herr neben meinen Tisch. Eisgrauer Vollbart. Eine gepflegte Erscheinung, mit einem dunkelroten Samt-Sakko. Ich kannte ihn nicht, aber dann folgte eine sehr gelungene, reale Inszenierung. Er setzte sich an einen anderen Tisch, schaute aber weiterhin sehr aufmerksam herüber. So etwas macht neugierig. Ich ging also zu ihm hin. Er reagierte sofort, „Setzen Sie sich doch einfach zu mir.“ Vor ihm lag ein aufgeschlagenes Drehbuch der Fernseh-Serie „Tatort München“. Erste Frage an ihn: „Sind Sie Drehbuchautor?“ „Nein.“ Er nannte dann seine tatsächliche Tätigkeit. Aber das gehört nicht hierhin. Etwa eine Stunde lang unterhielten wir uns sehr konzentriert, auch über die schwächelnde Branche, das viel zu hohe Angebot an Jungschauspielern, Überkapazitäten an der Filmhochschule und juristische Probleme bei der Herstellung neuer Sendungen. Er sagte, „Wir müüsen darauf achten, dass wir nicht verklagt werden.“ „Das lässt sich ganz einfach vermeiden, wenn zu Beginn der Sendung ein Hinweis erscheint: ‚Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig.‘ Außerdem kann man alle konkreten Namen, Orte und Details verändern.“
Es war ein gutes Gespräch. Als er sich verabschiedete und nach rechts fortging, war links bereits ein neues Szenario vorbereitet. An drei kleinen Tischen saßen Italiener. Zwei kräftige, durchtrainierte Burchen ganz rechts. In der Mitte ein Einsatzleiter mit schwazweiß gepunktetem Sakko und Krawatte. Und links von mir, nur einen halben Meter entfernt, ein Ehepaar. Sie waren beide sehr elegant gekleidet, aber ohne jede Angeberei, in einer Garderobe mit dunkelblauem Farbton, der fast schwarz war. In Italien tragen so etwas Leute einer gehobenen Gesellschaftsschicht. Sie beachteten mich gar nicht und sprachen halblaut miteinander, hatten aber nichts dagegen, miteinander zu reden.
Die Dame fragte auf deutsch, „Haben Sie uns verstanden?“ „Nein, nur Bruchstücke. Aber ich kann Passagen aus Operntexten auswendig.“ Als Beweis zitierte ich das Liebeslied aus der ‚Cavalleria Rusticana‘ im sizilianischen Dialekt: „O Lola c’hai di latti la cammisa, si bianca e russa comu la cirasa, quannu t’affacci fai la vucca a risa, biatu pì lu primu cu ti vasa!“
Beide schauten danach sehr freundlich und ließen sich noch einmal überraschen. Ich sagte, „Wer Sie sind, weiß ich nicht. Aber ich kenne ihre Tätigkeit.“ Der Herr: „Aha – was machen wir denn?“ „Sie arbeiten beim Osservatore Romano di Carabinieri.“ Der Herr: „Osservatore Romano ist mir bekannt. Aber was bedeutet das andere?“ „Der Osservatore ist die Zeitung des Vatikan, also der katholischen Zentrale. Und Sie arbeiten in Rom für die Zentrale der Carabinieri.“ Die Dame: „Das ist ja sehr interessant, was Sie da sagen.“ Auch der Herr widersprach nicht, obwohl er vorher ein Redner mit gutem Wortschatz war.“ Wir haben dann noch eine halbe Stunde angeregt über andere Themen seines Staates gesprochen. Beim Abschied sagten beide mit einem dezenten Lächeln, „Ciao.“ Die übliche Grußformel. Ich sagte, „Arrivederci.“ Das heißt: Wir sehen uns wieder.
Leider ist das bis heute nicht geschehen. Aber die Anwesenheit von zwei Leibwächtern und einem Einsatzleiter zeigte schon die richtige Spur: Das war Jemand „von ganz oben“. Und offen bleibt die Frage: Wie gelang das und warum? Wenn man aufmerksam die Tageszeitungen liest und sie mit eigenen Erfahrungen vergleicht, ist die Antwort gar nicht so schwer. Sie liegt – unter anderem – in meinen Internet-Veröffentlichungen, die sehr viele Leser haben. Alles Weitere ist Spekulation. Außerdem gehört es nicht in eine Veröffentlichung. Ein echtes Mysterium bleibt geheimnisvoll. Und zu diesem Thema habe ich sehr viele Artikel veröffentlicht. Man kann sie leicht finden.