Norma im Tempel

18.10.2020. Die Geschichte der Freimaurer ist sehr spannend. Sie wurden oft ungerecht behandelt, waren massiven staatlichen Verfolgungen ausgesetzt und sind – zu Recht – vorsichtig, weil man sie, auch gar nicht absichtlich, falsch verstanden hat.

Schwierigkeiten mit diesem Thema habe ich zwar nicht, weise aber vorsorglich darauf hin, dass hier keine Kommentare ausgebreitet werden, die für Verärgerung sorgen. Viele lernen aus eigenen Fehlern nicht, aber das muss sich, grundsätzlich ändern. Wenn Fehler, auch ohne Absicht gemacht werden, kann man sie auch richtigstellen, ohne darüber ein großes Tamtam zu verbreiten. Es gibt Anzeichen dafür, dass dieser Hinweis auch angekommen ist.

Ein Wunderwerk, aber zunächst mit ganz anderen Themen, ist die Londoner Norma-Inszenierug. Ich habe schon darüber berichtet, aber nur zurückhaltend. Hier ist dieser Artikel:

https://luft.mind-panorama.de/norma-und-die-druiden-2/

Damals, am 4.10.20, war schon von einer außergewöhnlichen Inszenierung die Rede. Aber wenn man sie nur einmal sieht, muss man abwarten, um die Überfülle der Bilder nicht nur oberflächlich zu beschreiben. Heute habe ich die unerwartete Wiederholung als Geschenk zum Sonntag empfunden. Aber ein Datum spielt da eigentlich überhaupt keine Rolle. Eigentlich.

In den Hauptrollen in London singen Sondra Radvanovski (Norma), Joyce di Donato (Adalgisa), der maltesische Tenor Joseph Calleja (Pollione) und Regisseur Alex Ollé selbst, von der spanischen Gruppe „La Fura dels Baus“, unter der mitreißenden Leitung von Antonio Pappano. Dazu völlig ungewohnte, aufwändige, aber immer glaubwürdige Bilder. Auf der Bühne magische Zeichen wie das silberblaue Gewand der Hohepriesterin Norma, die den silbernen Mond verehrt. Das Gegenstück zum ägyptischen Pharao Echnaton und dessen Anbetung von Aton, der Sonne, als einzigem Gott. Dazu eine Überfülle weiterer Anspielungen.

Es geht um verschiedene Weltanschauungen, die verkürzt, in Einzelfiguren gezeigt werden. Mittelpunkt ist die Hohepriesterin Norma. ihre Göttin „La Luna“ (italienisch, weiblich für „Mond“) ist ein Zeichen der schwarzblauen Nacht, aber nicht das Gegenteil der Sonne, sondern eine eigene, geheimnisvolle Welt, in der goldene Sterne auf feierlichen, nachtblauen Gewändern den Sternenhimmel andeuten, das Reich der alten Zauberer und Magier, die den dunklen Himmel verstehen und deuten konnten. Eine magische Fähigkeit, verbunden mit universaler Macht und dem Wissen um die ferne Zukunft, deren Energie aber auch schon in der damaligen Zeit spürbar war. Böse Magier konnten Unheil auslösen. Weiße Magier sorgten für Glück und Licht, so wie die Sonne jeden Tag das Leben aktiviert, bis hinauf zur höchsten Stufe, der mystischen Erleuchtung, die nur den Weisen vorbehalten ist. Luzifer, der schwarze Satan, ist in Wirklichkeit, wörtlich, ein „Lichtbringer“, ein gefallener Engel, der sich gegen Gottes Weltordnung aufgelehnt hat und deshalb aus dem Paradies verstoßen wurde. Aus allen farblichen Zwischentönen, von Schwarz bis Weiß, entstehen bei dieser Aufführung sämtliche starken Farben. Das Alles und noch viel mehr, ist in dieser Inszenierung enthalten. Ein Mysterienspiel, wie in der Antike, als die Priesterin des Orakels von Delphi Ideen aus dem Universum empfing und Fragen ihrer aufwändig angereisten, ratsuchenden Besucher beantwortete, die mit dem Schicksal zu tun hatten.

Dagegen steht die nüchterne, materialistische Denkweise der Römer, die vor Allem an materiellen Siegen und gewaltsamen Eroberungen fremder Länder interessiert waren, Norma steht für eine viel mächtigere Welt, in der die stärkeren, kosmischen Gesetze des Universums gelten, alles Andere überragen und verkleinern.

Die Auflehnung gegen eine geltende Weltordnung, die aktive Revolution, ist ein Hauptthema der frühesten Historiker und der Dramatiker. Voraussetzung ist eine wachsende Spannung, ein steigender Druck zwischen realen Gegensätzen, zum Beispiel zwischen Arm und Reich, zwischen Diktatur und Demokratie, zwischen unterschiedlichen Staaten und der ungerechten Behandlung ihrer Bewohner.

Schon lange erwartet wird eine ganz neue Weltordnung. Aber lernt sie aus den schweren Fehlern der Vergangenheit? Oft war das nur ein Wunschtraum. Eine Illusion. Phantasie-Märchen, die sich nicht erfüllen konnten, aber weltweit teure und schädliche Krisen auslösten, weil gierige Fanatiker nur sich selbst als Maßstab gelten ließen und Kritiker bedrohten.

In der Epoche des allwissenden Internets und klammheimlich gestohlener Informationen muss da noch viel mehr eine klare, durchsichtige, nachprüfbare Transparenz für Ordnung sorgen, aber keinesfalls eine außer Kontrolle geratene, sich überall einmischende Überwachung. In Deutschland und Amerika ist das eindeutig verboten, auch wenn anderslautende Gesetze trotzdem die Verfassung brechen. Im Grundgesetz heißt es zum Beispiel: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das sind die festen Grenzen im Grundgesetz, auch für staatliche Behörden. Gewalt gegen Bürger ist verboten, auch Psychoterror, dazu die Missachtung von Meinungsfreiheit und Pressefreiheit, außerdem gilt das ungehinderte Recht auf freien Zugang zu Informationen (Internet). Das gilt auch in Gefängnissen.

Hier ist schon lange dringender Handlungsbedarf, vor Allem durch gute, interne Kontrollen innerhalb der Organisationen, deren feste zeitliche Abstände und Begründungen genau festgelegt werden müssen. Im Berufsleben sieht man oft etwas ganz Anderes. Wenn „Whistleblower“ aktiv werden, das sind gesprächige Insider mit genauen Kenntnissen, dann jubelt die Presse. Aber das hätte man Alles oft vorher verhindern können, durch eine optimale Organisation der Arbeitsabläufe, die gleichzeitig auch ein motivierendes, erfolgreiches, offenes Betriebsklima schaffen können.

Norma und die Druiden lebten vor zweitausend Jahren. Das Stück handelt auch von den damals herrschenden römischen Besatzungsmächten, deren auffällige Signalfarbe das Rot war. So sieht man es auch in der Londoner Inszenierung, die wirklich sehr stark ist und auf mehreren Bewusstseinsebenen arbeitet. Das sind die Mittel und Methoden, die sich in das Gedächtnis eingraben und Alltagsbilder vertiefen, die wie ein eindringlicher Traum, auch tagsüber noch weiter lebendig sind.

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So weit der Bericht vom 4.10.20. Es lohnt sich aber, über diese Inszenierung auch noch einen dritten Artikel zu schreiben, ohne sich dabei zu wiederholen. Denn die Bilderfülle ist eigentlich grenzenlos. Aber genau deshalb: Das muss nicht heute sein, aber bald.

Immer wieder ein Erlebnis: Maria Callas singt Normas „Casta Diva“ :

https://www.youtube.com/watch?v=B-9IvuEkreI

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