24.9.2022. Um eine ganze Welt zu öffnen, sind Waffen nicht notwendig. Ein Stichwort oder eine Melodie reichen aus. Oder ein anregendes Bild im Internet. So sind die Kommntare entstanden, zum „Siegfried“ in dem englischen Dorf. Longborough. Man sah nur eine gut gestaltete Grafik, und dann öffnete sich der Vorhang. Nach fünf Minuten kann man umschalten, doch es sind jetzt mehrere Rezensionen daraus geworden, und ein Nachdenken über die Gründe, warum, nach einer jahrelangen Pause, dieses Werk auf einmal ein starkes Eigenleben entwickelte. Das kommt nicht automatisch, ohne vorherige Erfahrugen geht da gar nichts. Ein Training, das sich bei allen wichtigen Themen lohnt und die Oberfläche des Stoffes öffnet, in alle Himmelsrichtungen. Es hat sogar einen hässlichen Namen: Das Bauch-Gefühl. Psychische Signale werden bei einem Signal aktiviert, danach hat man ein körperliches Gefühl der Übelkeit oder der befreienden Hochstimmung. Magenkrebs kann das Schicksal von Menschen sein, die unter schweren Problemen leiden, beruflich oder privat. Allein das Betreten eines Raumes kann Alarmsignale auslösen, wer sie verstehen kann, sollte eine solche Umgebung nicht stundenlang besuchen. Das ist kein Phantasiegerede, sondern die Ursache lässt sich finden. Die Helligkeit des Lichts, die Hässlichkeit der Möbel. Und die gegenseitige Abneigung. Bei Ehepaaren erlebt man dann, dass sie nicht mehr in einem einzigen Raum schlafen, sondern jeder Beteiligte hat sich ein eigenes Revier gebaut. Entweder kommt dann eine Scheidung, erst nach Jahren oder eine Trennung findet nicht statt, weil gemeinsam Schulden gemacht wurden, für Anschaffungen, die noch zurückgezahlt werden müssen.
Mit fünf Jahren erlebte ich den Neubau unseres Elternhauses. Nach ein paar Jahren war alles noch stabil, aber der Architekt hatte Fehler gemacht, die nicht zu ändern waren. Lange Dachwände, die schräg waren, also freien Platz verschenkten und den Eindruck der Enge verstärkten. Keine Attraktion für die fest eingeplanten Mieter. Die Zentralheizung war ein Kohle-Ofen in der Küche, der durch ein kleines Fenster auch das Wohnzimmer beheizte. Außerdem sollte er das bei den vier Zimmern in der ersten Etage, dafür reichte aber die Heizenergie nicht aus, und alle Anwesenden froren, wenn es kälter wurde. Die zwei Beispiele reichen aus, es gab damals auch viele erfreuliche Erlebnisse, die aber den gerade erwähnten Schatten hatten. Werden das noch mehr, steigt auch die Belastung. Deshalb war mit 21 Jahren ein Ortswechsel in die nächste Großstadt fällig, das war Münster, siebzehn Jahre lang, ein eigenes Kapitel, auch hier. Ganz andere Gründe verstärkten den Wunsch, in die ferne Traumstadt München zu ziehen. Dort wartete nicht das Paradies, aber eine kräftige Mischung aus allen Möglichkeiten, bis zum Auftritt von Satan und seinen Freunden. Auch dazu findet man viele Beispiele, unter diesem Text.
In drei Tagen hat der Umzug sein 35. Jubiläum unvergesslich. Morgens das letzte gemeinsame Frühstück mit der Vergangenheit. Und dann ging es mit einem kleinen Transporter auf die Autobahn. Acht Stunden lang, das Ziel lag bereits in der Dunkelheit, in der Wohnung war noch der letzte Vormieter, die letzten drei Septembertage. Das Auto reichte bis dahin, als Schlafplatz. Morgens ging es zunächst zum Olympiabad, unter die Dusche. Und dann waren alle Türen offen, allerdings nur in Gedanken. In die Sehenswürdigkeiten für die Touristen mischten sich die ersten Kontakte, beruflich wurden es dann immer mehr, und mein Arbeitsbereich war die ganze Stadt. Abends war der Bär los, manchmal bis nach Mitternacht. Die Musik in den Lokalen war damals noch angenehm, die Besucher auch. Wer nicht willkommen war, ging einfach weiter. Das steigerte sich ständig, dann musste ausgewählt werden. Und das wurde ein Problem, wenn damit nicht alle einverstanden waren. Also ließen sich Kriege nicht vermeiden.
Die Hartnäckigkeit und Ausdauer einiger Abschiedsfälle warn die stärkste Belastug. Preußenkönig Friedrich II. sagte: „Setdem ich die Menschen kenne, liebe ich meine Hunde.“ Trotzdem war er ein Menschenfreund, überliefert ist auch: „Jeder soll in meinem Staat, nach seinen eigenen Wünschen, glücklich werden.“ Als er Interesse an dem Grundstück eines Bauern hatte, sagte Friedrich zu ihm: „Ich kann das Gelände auch beschlagnahmen lassen.“ Die Antwort: „Ja – wenn es nicht das preussische Verwaltungsgericht in Berlin gäbe.“ Sofort verzichtete Friedrich. Einer seiner Mitarbeiter war ein Sohn des großen Johann Sebsatian Bach. Friedrich notierte eine eigene Meloie, auf einem Blatt Papier und bat Bach, daraus ein großes Werk zu machen. Das Ergebnis war ein umfangreiches Meisterwerk: „Das musikalische Opfer“, so nannte es Bach, und das war nicht unfreundlich gemeint. Bach stritt jahrelang mit seinem Arbeitgeber, dem Stadtrat von Leipzig. Sie teilten ihm mit: „Wir wollten einen Dirigenten, keinen Komponisten.“ Er machte trotzdem weiter. Seine Gegner sind heute vergessen, seine Musik ist unsterblich.
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