19.1.2022. Rauschhafte Klänge sind das Markenzeichen von Richard Strauss (1864 – 1949). Er fing an mit Extremen. „Salome“ und „Elektra“ haben ausgefallene Themen, besonders in „Elektra“ geht Strauss bi an die Grenzen der vorherigen Hörgewohnheiten. Drei schrille Frauenstimmen lösen sich ab, die Männer haben nur noch Nebenrollen. Danach änderte Strauss seine Gewohnheiten total. Im „Rosenkavalier“, seinem erfolgreichsten Werk, herrschen Jubel und Ausgelassenheit, immer wieder tauchen rauschende Walzerklänge auf und verschwinden. Denn man befindet sich in Wien, in einem Barockschloss wie Schönbrunn. Die Besitzerin heißt „Marie Theres“, zweifellos eine Anspielung auf die berühmte Kaiserin. Und das Finale läuft zwar ab in einer verrufenen Kaschemme, mit viel Schabernack und dummen Witzen, aber wenn dann die drei Hauptpersonen Abschied nehmen, ist es das beste Stück des Komponisten, so wie er selbst das auch fand. Bei seiner Beerdigung dirigierte Georg Solti das Finale, und er berichtete, dass eine Sängerin nach der anderen in Tränen ausbrach und nicht mehr weiter singen konnte.
Vieles von Strauss ist zu zuckersüß, wie eine Sacher-Torte. Und „Arabella“ gilt als Operette, weil die Handlung um Grafen und verarmte Adlige kreist, die sich nur noch ein billiges Hotel leisten können. Aber dann kommt „Graf Mandryka“, dem in Ungarn viele Grundstücke gehören, natürlich verliebt er sich in die arme Arabella und rettet damit die ganze Familie. Vorher sieht sie auf der Straße einen Unbekannten, seinen Diener, und da ahnt sie es schon: „Da war ein fremder Mensch, ein Husar, wie ich aus dem Haus gegangen bin. Der hat mich angeschaut! Aber der Richtige, wenn´s einen gibt für mich auf dieser Welt, der wird auf einmal dastehen, und er wird keine Fragen stellen.“
Schön wär´s, aber Strauss hat damit viel Geld verdient. 1894 leitete er in Bayreuth fünf mal den „Tannhäuser“ und verliebte sich n die Sängerin der Elisabeth, Realname Pauline de Ahna. Als er sie schon im September heiratete, übernahm sie die Herrschaft und sorgte danach für eine Ordnung, für die er vorher nur allein verantwortlich war. Ihr ist die Idee zur Oper „Die schweigsame Frau“ zu verdanken, sie war aber das Gegenteil, und die Hauptrolle „Aminta“ ist auch so gestaltet, als Komische Oper. Das Stück ist aber kein Meisterwerk, es interessierte ihn wohl nicht besonders, und wenn man es ausnahmsweise anschaut, ist die Langeweile unüberhörbar.
Ansonsten komponierte Strauss sehr viel Gutes und auch Mittelmaß. Wenn er ein Thema liebte, übertraf er sich selbst. Seine Vier letzten Lieder schrieb er kurz vor seinem Tod, auch ein Höhepunkt seiner Kunst. Zu diesem Thema gibt es hier 28 Beiträge:
https://luft.mind-panorama.de/?s=vier+letzte+lieder&x=15&y=8
Ganz außergewöhnlich sind die Orchesterlieder, vor Allem in der Gestaltung von Fritz Wunderlich:
https://www.youtube.com/watch?v=AQmZkwxtj3Y
Besonders wirkungsvoll ist das Lied „Zueignung“. In Münster schrieb mir ein Opernsänger einmal auf eine Aurogrammkarte: „In herzlicher Zueignung“. Mit „Zuneigung“ hat das nichts zu tun, gemeint ist es als persönliches Geschenk. In einem goldenen Saal singt das hier Alfredo Kraus:
https://www.youtube.com/watch?v=6gN6whgD65E
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