6.8.2021. Eines der heftigsten Dramen ist Shakespeares Spätwerk „Othello“. Die Sprache ist voller Schlüsselwörter. Das Hauptmotiv steckt in dem Satz „Die Eifersucht ist eine grüne Schlange.“ Wie ein Tier im Dschungel. Othello ist eigentlich ein siegreicher, starker Feldheer in Venedig, ein Afrikaner, mit damals auffallender schwarzer Hautfarbe. Sein heimtückischer Mitarbeiter Jago verzeiht ihm nicht, dass er bei einer Beförderung nicht beachtet wird. Daraufhin bringt er Othellos Eifersucht zum Überkochen. Dessen völlig unschuldige Ehefrau Desdemona wird ein erfundener Ehebruch angehängt, und Othello erwürgt sie deshalb. Gestern schrieb ich einen Kommentar zum Thema „Hass“, mit dem Titel „Schwarze Farbtöne“. Zitat: „Dem Hass kann man aus dem Weg gehen, aber er ist klebrig. Freud, der Entdecker der Tiefenpsychologie, hat den Hass gründlich erforscht und gedeutet. In seiner Schrift „Massenpsychologie und Ich-Analyse“, erklärt er, warum ganz normale Menschen in einer großen Menge, in einer Sportveranstaltung oder aufgeheizten politischen Treffen, plötzlich wie eine einzige Masse regieren, ein ferngesteuertes Wesen“ :
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An Besucher von fernen Planeten muss man dabei gar nicht denken. Sie sind Teil des Alltags. Jeder kennt sie, kann aber nicht immer damit umgehen. Treten sie in Gruppen auf oder sind Mitarbeiter einer großen Firma, findet man sie mit jeder Suchmaschine. Auf Facebook sogar mit Passfotos und persönlichen Informationen, die Jeder lesen kann. Das gefällt auch Firmenchefs, wenn sie Bewerbungen von neuen Mitarbeiter bekommen, die sich dann gar nicht mehr vorstellen müssen. Schlecht auf dem schrumpfenden Arbeitsmarkt, wo es immer weniger attraktive Angebote gibt, wenn man nicht sowieso Abenteuer sucht, die schlecht enden oder viel Geld verdampfen lassen.
Zurückhaltung ist nicht sehr beliebt, wenn man auffallen will. Aber dringend zu empfehlen, wenn unzufriedene Köpfe plötzlich viel erzählen und dann in einer Schneelawine landen, die nicht sehr romantisch ist. Quatsch kann man sofort vergessen, aber Shakespeares „grüne Schlange“, die am Anfang erwähnt wurde, ist ein kleines Bild, das man nie vergisst. Das Zeichen gehört auch zur Schatzkammer der Symbolik, die keine stundenlangen Vorträge braucht, sondern nur Bildsignale, die nicht Jeder entziffern kann. Im Krieg wurde früher mit mechanischen Waffen gekämpft. Heute gibt es dafür Drohnen, fliegende Kameras, die von weit entfernten Laptops aus gesteuert werden. Für friedliche Aufgaben werden sie immer öfter eingesetzt, für Sportübertragungen oder bei Dorf-Festen auf dem Land. Also kann Jeder auch mitbekommen, wie das genau funktioniert, wenn er sich im Biergarten mit den besten Freunden trifft. Unter erfahrenen Politikern sagt man dazu: „Guter Parteifreund. Schlimmster Feind.“ Das größte Gedränge herrscht auf der Hühnerleiter, wo Jeder nach oben will.
Echte Freundlichkeit ist unauffällig. Vertrauen braucht keine schriftlichen Versprechen. Solche Kategorien stellen die beliebtesten Gewohnheiten auf den Kopf, deshalb sind sie selten, werden aber oft vorgetäuscht. Keine Zweifel daran lässt die Gesichtsmuskulatur. Sie wird von der Psyche gesteuert und Falschspielereien wirken künstlich, auch bei Profis, wenn man auf die Kleinigkeiten achtet. Das schützt vor Enttäuschungen und Betrügern. Ob Körper oder Geist schneller altern, ist eine Sache der Veranlagung, Ein zusätzlicher Teil davon kommt zwar von den Mitwirkenden. Aber wer sehr früh schon unbeweglich ist, ist auch später daran zu erkennen.
Verdis aufgeheiztes Hass-Drama „Othello“ war 1965, die erste Fernsehübertragung einer Oper im deutschen Fernsehen, die direkt während der Studio-Aufnahme gesendet wurde. Das Orchester saß unsichtbar hinter den Kulissen. Regie führte Otto Schenk, Jahrgang 1930. Die Hauptrolle sang, damals auf dem Gipfelpunkt seiner Leistungen, Bayreuths Superstar Wolfgang Windgassen. Er prägte die ganze Epoche von Wieland Wagner (1917 – 1966) bis zu dessem frühen Tod. Die Übertragung von „Othello“ ist die einzige vollständige Verfilmung mit ihm. Hier singt er die große Liebesszene mit Lisa Della Casa (10.15 Minuten):
https://www.youtube.com/watch?v=eGlIckiMH78
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