Pelleas in Genf

20.2.2021. Kunst kann anstrengend sein. An Bildern kann man einfach vorbeigehen. Aber ein Musikdrama kann drei Stunden dauern, und wenn in den Pausen einfach weitergespielt wird, braucht man die Türen als Notausgänge. So einfach ist das nicht immer. Denn Gutes und Schlechtes können sich vermischen. Debussys „Pelleas“ ist musikalisch sehr bewegend, voller Farben und Zwischentöne. Aber eine szenische Aufführung konnte ich bisher nie länger als 20 Minuten aushalten. Wenn die Phantasie der Gestalter ein galaktisches Eigenleben bekommt und sie abheben wie mit einem Raumschiff.

Diese Idee funktioniert sogar, wenn auch Könner am Werk sind. Am Grand Theatre in Genf sind überwiegend Tänzer im Einsatz, die Musik in zweideutige Formen und Bilder verwandeln. Das vertieft den Gesamteindruck, auch wenn nicht Alles überzeugt. Sie ziehen an langen hellen Fäden auf der ganzen Bühne herum, also ein Kraft-Netzwerk. Dazu ein bläuliches Mondlicht, das manchmal zu dunkel ist. Den Hintergrund dominiert eine große Kugel, die sich verwandelt. Mal sieht sie wie ein Auge aus, dann wie der Mond. Oder ein Universum mit vielen Sternen und Lichtstraßen. Die Sänger tragen moderne, dunkelblaue Gewänder, bewegen sich wie Schauspieler. Alles wirkt traumhaft, überall bewegen sich kriechende Nachtschattengewächse und Außerirdische, wenn nicht gerade starke Lichtwellen aus der großen Hintergrund-Kugel den Raum überfluten.

Zum Stück passt das durchaus. Der Text spricht oft von einem Nebelland im Wald, aber das muss man nicht wörtlich nehmen. Heller Nebel ist allerdings optisch viel stärker und kann auch sehr geheimnisvoll sein. Hier möchte man öfter nach mehr Licht rufen, wenn es trotzdem immer dunkler wird. Weil aber beim Licht gespart wird, bleibt das innere Licht, die Phantasie, die solche Zeichen verwandelt, mit der Bildersprache der Symbolik. Die Mehrheit der Zuschauer weiß aber nicht, was das ist, und dann wird es schwierig. Wenn ein Programmheft Vokabeln oder Grammatik erklären muss, dann sind Fehler passiert. Oder die Weltraumabenteuer erklären sich von selbst, für begeisterte Kinofreunde. Die mögen allerdings lange Opern nicht.

Später sieht man im Hintergrund sieben große Säulen, die deutlich an die Megalithen von Stonehenge erinnern. Am 18.2.21, vorgestern, habe ich dazu Folgendes geschrieben: „Stonehenge besteht aus einem Kreis hoher Steine (Megalithen). Sehr viele Spuren bestätigen, dass hier ein Tempel gebaut wurde, durch dessen Eingang an einem einzigen Tag des Jahres die Morgensonne fiel. Das war die Sommersonnenwende, der Sommerbeginn, in diesem Jahr am 21. Juni. Wer so etwas bauen konnte, hat auch die wiederkehrenden Jahreszeiten beobachtet und die astronomischen Veränderungen am nächtlichen Sternenhimmel. Es war ein Zentrum der keltischen Druiden-Priester.“

https://luft.mind-panorama.de/die-heiligen-alten-steine-von-maun-wawn/

Es bleibt dabei: Wem die „Pelleas“-Bilder gefallen, der verbindet sie mit dem Text und den brausenden Klängen. Dann kann es ein großes Erlebnis sein.

Das Grand Theatre von Genf hat also etwas Sehenswertes geschaffen. Inszenierung: Damien Jalet, Sidi Larbi Cherkaoui. Hier kann man das anschauen (168 Minuten) :

https://www.youtube.com/watch?v=nOI3C15AisQ

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