1.4.2022. Aprilscherze zum heutigen Tag sind längst aus der Mode gekommen. Außerdem passen sie nicht in die politische Situation auf der ganzen Welt. Die Vereinten Nationen beraten auf ihrer Versammlung in New York über eine gemeinsame Ukraine-Resolution. Jeder einzelne Staat kann dagegen sein Veto einlegen, damit ist sie nichts mehr wert. Aber die ganze Welt schaut zu. Trotzdem passt jetzt ein Buch, das schon in der Schulzeit sehr bekannt war. Ludwig Thomas „Lausbubengeschichten“. In klarer Sprache berichtet Thoma über tatsächliche Erlebnisse. Dabei wird immer deutlicher, dass er kein Gaudibursche war, sondern sich später, als Rechtsanwalt und Journalist, auch mit der damaligen Regierung anlegte. Im Gefängnis war er auch. Seine Zeitung hieß „Simpl“, und danach wurde ein Lokal in der Türkenstraße benannt. Anfang der Neunziger Jahre schloss es für immer, aber bis dahin traf sich die intellektuelle Prominenz dort. Türsteher gab es nicht, also habe ich immer wieder gern dort Abende verbracht, tatsächlich umgeben von bekannten Journalisten, Autoren und Filmschauspielern. Die Wirtin Toni Netzle trat unauffällig auf, aber andere Gäste kannten ihre „Lokalverbote“. Wennn ihr Jemand nicht passte, musste er gehen. Sogar der unvergessliche Ministerpräsident Franz Josef Strauss musste das hinnehmen. Aber auch er und andere konnten jederzeit dort wieder auftauchen. Einen Stammplatz hatte Hanne Hiob, die Tochter von Bert Brecht. Noch mehr Namen sind langweilig, sie waren auch bundesweit bekannt.
Selbst heute muss Niemand zum Lachen in den Keller gehen. Es kommt immer auf den Grund an. Immer mehr haben sich seit dreißig Jahren Schadenfreude und Spott verbreitet, auch ein Grund, um alte Stammlokale nicht mehr zu betreten. Und das war nur die Begleitmusik für viel hässlichere Auftritt. Ich schreibe gern über Kinofilme, aber nicht oft über aktuelle, weil ich die Themen und einige der Mitwirkenden gut kenne, auch vom Wegschauen. München hat insgesamt eine Schieflage bekommen, owohl es natürlich viele Trauminseln gibt, die inzwischen Geheimtipps sind. Deshalb haben sie hier nichts zu suchen. In der Oper kannte ich einen Hintergrund-Journalisten, der viele Gesprächspartner hatte, über die er niemals etwas herumposaunte. Weil sich das herumspricht, kam er nicht einmal auf die Idee, denn sonst wären sie nur noch unerreichbar gewesen. An einem Samstagmorgen, vor dreißig Jahren, klingelte er. Wir tranken nur Kaffee zuammen, um fünf Uhr fruh. Die ungewöhnliche Uhrzeit hatte einen einfachen Grund: Er war Gast bei der Lohengrin-Premiere des Regisseurs Götz Friedrich gewesen. Beim Fortgehen dort, im Morgengrauen hatte er das Bedürfnis nach Abwechslung, nach einem Kaffee. Und so war er da, zeigte seine neuesten Autogramme. Waltraud Meier, „Ortrud“ an dem Abend, hatte sogar seinen Namen, als persönliche Widmung, über ihre eigene Unterschrift gesetzt. Da platzte es einfach heraus: „Jetzt weiß ich endlich, wie du heißt.“ Den Vornamen kannte ich sowieso, jetzt kam auch noch der Familienname dazu. Das hat ihn geärgert, aber: Selber schuld. Trotzdem haben wir uns danach, immer gut verstanden. Gestern trat er noch einmal auf, in dem Artikel „Zitronen und Orangen“.
Ganz übel erging es Truman Capote. Der Schriftsteller war überall beliebt, in der vornehmen Gesellshaft von New York. Dann schrieb er das Buch „Answered Prayers“ (Erhörte Gebete). Dabei war er von allen guten Geistern verlassen, denn er nannte alle Namen und die Fehler, die sie gemacht hatten, ganz genau. Danach bekam er überhaupt keine Einladungen mehr. Und ihm fiel auch nichts mehr ein, weil kein Mensch das lesen wollte. Am 23.3.22 wurde hier über den Fall berichtet. „Wenn Träume wahr werden“ :
https://luft.mind-panorama.de/wenn-traeume-wahr-werden/
Alpträume haben eine heilsame Wirkung, weil sie die Psyche reinigen und ungelöste Probleme verarbeiten. Ihre Deutung selbst ist ein Heilmittel, das Sigmund Freud genau erforscht hat. Zur „Psychoanalyse“ gibt es hier ein eigenes Kapitel. Sie funktioniert in allen Bereichen, auch bei den „Gesetzen der Ökonomie“ und bei der Bekämpfung der Kriminalität. Die Informationslücken führen zu falschen Gutachten und Gerichtsurteilen. Der „Fall Mollath“ hat hier ein eigenes Kapitel. Dem Unschuldigen wurden fast 600.000 Euro Entschädigung fest zugesagt, aber durch ein anderes Uteil, das viel zu spät kam. Sein Berater war Wilhelm Schlötterer, früher der Chef der bayerischen Steuerfahndung. Auf dem Marienplatz traten beide gemeinsam auf, vor zehn Jahren. Mollath sprach nur sachlich, aber deutlich. Und danach schrie Schlötterer in das Mikrofon: „Und jetzt müssen die Schuldigen bestraft werden !“ Das ist bis heute nicht geschehen. Auch nicht mit Worten, wie beim Märchenkönig Ludwig II. Nach einem falschen Gutachten. Kurz danach beging er Selbstmord im Starnberger See. Der Gutachter, der Psychiater Bernahrd Gudden, wollte ihn aufhalten, dabei kamen beide, gemeinsam um.
Solche Fälle werden sich deshalb nicht wiederholen, weil man sie mit jeder Suchmaschine im Internet finden kann. Rachephantasien haben dabei nichts verloren. Die Einzelheiten sorgen selbst für Gerechtigkeit. Überwachen muss das nur die Öffentlichkeit, und das wird wichtiger als jede technische Verbesserung, immer im Rahmen unseres Grundgesetzes, der Verfassung, die auch für Staatsbeamte gilt. Mein damaliger Opernfreund, der um fünf Uhr früh zum Kaffeeetrinken auftauchte, wie bereits berichtet, gehörte als Journalist auch dazu, ohne Trommelwirbel und Trompeten. So wird die Zukunft sein, und Niemand kann das ändern, sondern selbst seinen Beitrag dazu leisten.
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