11.2.2021. Die Funktionen des Gedächtnisses sind angeboren, auch bei Tieren. Pflanzen spüren durch Licht und Wärme, wann die Blütezeit beginnt und der Funktionsapparat aus der Winterstarre erwacht. In den ersten sechs Lebensjahren registriert der Mensch die Außenwelt, aber erst wenn die Grundschulzeit beginnt, lernt er, ihre äußeren Grenzen zu überwinden und das Innenleben zu verstehen. Den Rahmen setzt der Stundenplan, doch gleichzeitig werden eigene Kräfte immer stärker. Oft ist dann damit Schluss, weil das Interesse fehlt oder der Beruf zu Tätigkeiten drängt, die sich wiederholen. Im Lauf der Zeit kommt es dann zum Stillstand, und dabei bleibt es. Wer trotzdem Ehrgeiz hat oder andere dunkle Motoren, wird zur allgemeinen Belastung in Machtpositionen. Ein Sprichwort weiß, „Wenn ein dummer Mensch Macht bekommt, wird er sie missbrauchen.“ Zwangsläufig erlebt das Jeder.
Drumherum entstehen Kämpfe und Kriege, obwohl nichts dabei herauskommt, wegen der Hartnäckigkeit der Beteiligten. Manchmal kommt sogar Gutes dabei heraus, aber die sonstigen Folgen richten Schaden an. Im Risorgimento („Wiedererweckung“) zwischen 1815 und 1870 wurde Italien zu einem einzigen Gesamtstaat. König Viktor Emanuel II. (1820 – 1878) begeisterte sich für diese Idee. Seitdem ist er hoch angesehen. 1860 vollendete Giuseppe Garibaldi (1807 – 1882) diesen großen Plan, allerdings nur politisch. Bis heute sind die Regionen südlich von Neapel vergleichsweise arm. Die Landwirtschaft dominiert, deren Verkaufspreise auf eine wachsende, harte Konkurenz des Weltmarkts treffen. Schon damals wanderten viele Süditaliener nach Amerika aus.
Die riesige Freiheitsstatue begrüßte sie im Hafen von New York, und dort entstand eine große Kolonie, „Little Italy“. Ihre Entwicklung ist Thema vieler Filme und Bücher, die weltweites Aufsehen erregten. In Deutschland gab es ein großes Geraschel, als Anfang der Sechziger Jahre die ersten Gastarbeiter aus dem Süden auftauchten. Auch in meiner Geburtsstadt, einer abgelegenen Kleinstadt. Zwei Zentren wurden das Ruhrgebiet um Bochum, Duisburg, Essen, dessen Kohlekraftwerke körperlich anstrengende Atbeit anboten, die aber anständig bezahlt wurde. Die größeren Städte sind so eng zusammengewachsen, das man ihre Grenzen nur noch mit einer Autokarte erkennt. In den ersten Jahren war ich dort oft unterwegs, ein eigener Kontinentt für sich. Die Bilder werden im Lauf der Zeit immer stärker, weil man sie mit anderen Erfahrungen vergleicht. Aber das ist ein Buch für sich.
Nach über dreißig Jahren in München lernt man hier das zweite Zentrum kennen, geographisch nicht weit von der Heimat im südlichen Mezzogiorno (Mittagsland), und die ganze Familie ist mit dabei. Man verträgt sich gut, bis auf die Störer und Belästiger, die es überall gibt.
Trotzdem haben sich die ökonomischene Zahlen im Süden kaum verändert. Hauptgrund war Giulio Andreotti (1919 – 2013). Er war auf verschiedenen Ministerposten an insgesamt 33 Regierungen (von 54 zwischen 1945 und 1999) beteiligt und dabei sieben Mal italienischer Ministerpräsident. Das ist ein ganz seltener Rekord. Seine Handschrift war unverwechselbar. Er sprach wenig, wusste aber Alles und zog an allen Drähten, die wichtige Entscheidungen auslösten. Er sagte, „Die Macht ärgert nur Denjenigen, der sie nicht hat.“ Damit glitt alle Kritik spurlos an ihm ab. Und alle Veränderungsversuche. Auch seine Epoche war ein Thema in zahllosen Spielfilmen. Doch er spielte nicht, sondern handelte. Dagegen gab es viele Kritiker. Dumme und sehr kluge. Aber ändern konnten sie nichts. Am 2.11.19 habe ich dazu einen Artikel geschrieben, später noch andere:
https://luft.mind-panorama.de/christus-kam-nur-bis-eboli/
1999 endete Andreottis Regierungzeit. 22 Jahre später wäre es dringend Zeit für einen Neuanfang. Das muss keine Verbesserungen bringen, aber möglich sind sie schon lange: Für alle technischen Firmen, vor Allem für die Computerbranche ist der geographische Standort längst völlig unwichtig. Allein solche Möglichkeiten können reale Verbesserunge auslösen, auf allen Ebenen. Man muss nicht lange darauf warten, aber seit 1860, seit Garibaldis Risorgimento, wartet die Welt darauf.
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