Saure Gurken

26.7.2021. Der Hochsommer hatte früher den Spitznamen „Saure-Gurken-Zeit“. Das wurde von gelangweilten Berufs-Journalisten in die Welt gesetzt. Im Juli und August war  die Haupt-Urlaubszeit. Schulen und Firmen, die nicht unter Hochspannung standen, waren leer. Auch die Unruhestifter waren anscheinend verreist. Die Kriminalitätsrate  sank vorübergehend, nur Taschendiebe reisten gern in die reicheren Länder oder an die Badestrände. Das täuschte aber. Alles war da wie immer, versteckte sich aber besser.

Jetzt hat es auch noch die Zukunftsprognosen erwischt. Für den Herbst werden schon schwarze Farben an die Wand gemalt, auch da, wo es gar keine Wände gibt. Das erzeugt Hysterie  Machtrausch. Manchmal ist das Absicht. Ein Filmproduzent erklärte mir vor ein paar Jahren, das Erfolgsgeheimnis der Horror-Filme wäre die Angst. Das ist viel zu wenig, denn es gibt noch viel mehr Auslöser. Ein ganz kleiner: Es werden zu viele Digital-Effekte verwendet, deren Künstlichkeit sofort erkennbar ist. Statt der teuren Horrorfilme ist die Realität  eine viel größere Fundgrube. Einige Schlauköpfe mischen sogar Wahrheit und Täuschung  mit allen Mitteln, zaubern Kunstprodukte in den echten Alltag hinein, aber es steigert nicht die Wirkung, sondern den bekannten Geschmack von saurem Eintopf, in dem Gewürze fehlen.

Die unverfälschte Realität an sich ist viel spannender, wenn nicht nur die dünne, glatte  Oberfläche zu sehen ist. Verzerrte Fratzengesichter sind unglaubwürdig, in glaubwürdigen Dokumentarfilmen spielen sie keine Hauptrolle. Spitzenleistungen haben mit Zirkus-Rekorden nichts zu tun. Kostenlos gibt es sie nicht, aber der größte Aufwand besteht im Nachdenken. Wer keine Ideen hat, kopiert fremde. Leider fallen  auch solche Fehler sofort auf, nicht erst bei den Preisverleihungen an die kichernden Blasebälge.

Verrostete Abnutzungseffekte sind typisch für unsere Zeit. Oft täuscht man sich und denkt, man hätte Alles schon gesehen.  Wenn man die ersten Berufsjahre in der Arbeitswelt überstanden hat, kann man eigentlich jede Organisation leiten. Denn die versteckten Machtkämpfe und hartnäckigen Kriege haben die gleichen Strickmuster. Höhere Ebenen drücken sich vor der Alltagsmühe, und  ein Volltreffer, wo Alles gut und fair läuft, ohne Ungerechtigkeiten, ist so selten wie ein Hauptgewinn im Lotto.

Trotzdem gibt es Wundermänner. Zum Beispiel Psychologen. Viele  reden zu viel, verwenden schwer verständliche Fremdwörter oder Leerformeln, die dick aufgeblasen sind mit heißer Luft. Oder akademisch ausgebildete Juristen. Gesetze gibt es für Alles, auch für das Gegenteil. In dem verworrenen Gestrüpp geht leicht der Durchblick verloren, aber Gutachter, Richter und ganz andere Nasenbären diktieren, was Recht ist. Dann Kunstkritiker. Zu Jedem Meisterwerk gehört Phantasie, aber sie darf nicht überschäumen oder Fettflecken als Gold bejubeln.  Spitzenmanager sind sehr kostbar, auch finanziell. Wenn sie jahrelang schweren Schaden anrichten, gehen sie sogar gern, wenn es dafür eine hohe Abfindung gibt. Bitte kein Bargeld, denn saubere Pläne und Projekte müssen elektronisch abgewickelt werden, so dass kein bereits benutztes Waschmittel gebraucht werden darf. Die ganze Festparade ist noch viel länger, man kann nur auf ein paar Bruchstücke schauen oder entdecken, wo wirksame Veränderungen möglich sind, die das allgemeine Klima auch tatsächlich steigern. Sogenannte Berufskomiker, also ständig lachende Comedians, haben ihre Blütezeit schon lange hinter sich. Nicht für Alle gilt: Käse wird ranzig, aber es wird immer mehr. Das Wegschauen ist kein Heilmittel, aber die Veränderung der Blickrichtung, der Perspektive und Bewertung.

Auf dieser Webseite ist das die Hauptsache, aber keine Eintagsfliege. Jahrelanger Stillstand, wenn ringsum die halbe Welt zusammenbricht, kann nicht mit staatlichen Geldspritzen oder Subventionen geheilt werden. Anerkannte Stiftungen leben auch damit.  Geldzahlungen dafür, also Spenden.  können von Großverdienern bei der fälligen Steuer abgezogen werden.  Leider werden auch dabei Fehler gemacht, sogar absichtliche. Viele Skandale sind schon seit Jahrzehnten bekannt. Ein Musikfreund erzählte mir vor  paar Jahren, dass er für Arme, Bedürftige Geld sammelt, auch bei Wohltätigkeitsveranstaltungen (Benefiz-Galas) mit Prominenten. Allerdings durfte er dreißig Prozent der Einnahmen pauschal für die Verwaltung abziehen, also für sich. Ob das Alles war, blieb uninteressant. Die freien Spielräume sind sehr groß. Wie man sie füllt, ist eine andere Sache.

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