Schwanensee

7.6.2021. Berufstänzer in Ballettaufführungen haben ein festes Publikum. Interessiert man sich nicht dafür, freuen sich andere über die freien Plätze. „Die Bayadere“ von Léon Minkus (1826 – 1917) hat mir vor zwanzig Jahren ein alter Freund empfohlen. Da war nicht der Tanz die Hauptsache, sondern der Gesamteindruck: Der indische Krieger Solor ist auf der Tigerjagd im Dschungel und bittet einen gläubigen Fakir, ihn mit der Tempeltänzerin (Bayadere) Nikija zu verbinden. Aus der folgenden Liebesgeschichte wird eine Tragödie. Nikijya wird vergiftet. Im „Königreich der Schatten“ trifft sie Solor wieder. Bei einem Erdbeben stürzt der Tempel zusammen, und die Seelen von Nikiya und Solor schweben vor der Bergkulisse des Himalaya ins Nirwana.

Das war sehr gut gemacht an der Staatsoper, vor Allem die verschiedenen Ebenen zwischen Realität und Phantasie. Bei anderen Kulturfreunden stößt das auf  Langeweile.

Die Theaterpausen sind dazu da, dass man dann einfach gehen kann. Manchmal werden sie gestrichen, eine Art von Zwang, zum Sitzenbleiben.

Mit Kunstfreiheit verträgt sich das nicht. Die Technik sorgt dafür, dass man Alles auch im Wohnzimmer erleben kann, in bester Qualität und mit Gästen, die man sich selbst aussucht. Schwätzer bleiben dann, wo sie auch hingehören. Das wiederum schafft viel Platz für Alternativen, neue Ideen, um das Wertvollste nicht zu beschädigen: Zum Beispiel die Zeit. Noch nie war es so leicht möglich, das Beste daraus zu machen. Jeder Weg dorthin ist auch schon ein Teil des Ziels. Aber nicht mit Pausengeschwätz. Im Jahr 2009 habe ich drei elegante Zuhörer an einem Pausentisch mit Champagner erlebt. Die höfliche Testfrage, „Um was geht es eigentlich heute Abend?“ beantworteten sie mit dem Hinweis: „Das wissen wir auch nicht so genau. Aber wir kommen schon seit dreißig Jahren zu den Vorstellungen.“ Drei Jahre später habe ich zum letzten Mal ein Musiktheater besucht und das, vorher, immerhin vierzig Jahre lang gern getan. Man spart dann  viel Zeit und Geld, das die Künstler allerdings auch aus anderen Quellen bekommen können: Durch staatliche Subventionen, Stiftungen, Fördervereine und durch eine gute eigene Leistung.

Wenn sich Körperbewegungen mit Musik verbinden, ist das schon einmal eine besondere Leistung. Wenn auch Sprache und Orte dazu kommen, erlebt man ein Gesamtkunstwerk. Ein Musikdrama . Einen Idealzustand, der aber fast nie erreicht wird. So wie bei vielen Plänen und Projekten. Sie sollen etwas Neues schaffen, doch zerstören gleichzeitig Werte und Qualität. Das Ergebnis ist zum Weglaufen, das Geld verbrennt und Jeder, der kann, macht einen großen Umweg. Um falsche Plätze und Situationen.

Peter Tschaikowsky (1840 – 1893) schuf mit „Schwanensee das berühmteste Ballett. Er gab offen zu, dass er das musikalische Hauptmotiv geklaut hatte. Es  ist das „Frageverbot“ aus Wagners „Lohengrin“. Daraus machte der Russe sein Meisterstück. An der Mailänder Scala wurde eine exemplarische „Schwanensee“Aufführung verfilmt. Die italienischen Mitarbeiter blieben ganz traditionell, schafften aber Spannung mit ihren Auftritten (133 Minuten) :

https://www.youtube.com/watch?v=6LKyWPmtX7Y

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