Schwarze Farbtöne

5.8.2021. Eine Farbpalette gehörte jahrhundertelang zum Werkzeug für ein Ölbild. Kleine Proben der wichtigsten Farbtöne kamen auf ein leeres Holzbrett in der Hand des Malers, und dann konnte er mit eiem kleinen Pinsel die feinsten Abstufungen und Einzelheiten in seinem Werk entfalten. 1983 habe ich damit angefangen und wieder aufgehört, weil es umständlich war und wochenlang getrocknet werden musste. Wer zum Arbeiten ein eigenes Atelier hat, mit großen Glasfenstern für das Tageslicht, dem kann das egal sein.

Heute können die meisten Computer das viel besser und haben grenzenlose Möglichkeiten für jede Bildgestaltung. Sogar alte Schwarzweißfilme können nachträglich zum leuchtenden Farbwunder gemacht werden. Auch in Dokumentarfilmen kann täuschend echte Realität vorgetäuscht werden, durch Maskenbildner und Schauplätze, die nach historischen Vorlagen auf jedem Laptop, mit allen Details  wieder rundum neu entstehen, aus dem Nichts. Sogar in aktuellen Gesprächsrunden können aufgeregte Teilnehmer mitschwätzen, die im Studio gar nicht anwesend sind oder deren Doppelgänger, Mitarbeiter von Spezialfirmen.

Die dunkelste Probe auf einer Farbpalette ist schwarz. Mischt man das mit anderen, dunklen oder hellen Farben, erweitert sichh wieder der Spielraum. Eine Spielerei, die durchaus  auch bei künstlerisch wertvollen Produkten alltäglich ist. Sie wirken erst dann lebendig und spannend, wenn sie mit Symbolen arbeiten. Das ist eine alte Bildersprache, zu der es hier schon über 400 Artikel gibt. Symbole haben nicht nur eine sichtbare Oberfläche, sondern mehrere Tiefenschichten. Wer zu viele davon einsetzt, wird nicht mehr ernst genommen. Aber es gibt Schöpfungen der Phantasie, die nicht außer Kontrolle geraten, sondern vom Verstand gesteuert werden, der auch die Grenzen kennt. Das wiederum lernt man auf keiner Hochschule, sondern ist das jahrzehntelange Ergebnis persönlicher Erfahrungen.

Und die kommen aus der Realität. Zur Zeit werden Forschungsgruppen gegründet, die das Thema „Hass“ durchleuchten sollen. Es wäre angenehm, wenn dabei etwas Neues herauskommt, denn das Wort gab es schon in allen Sprachen, bevor es schriftlich notiert wurde. Man kann es mit der Farbe Schwarz vergleichen und dem, was am Anfang hier dazu erklärt wurde. Eine Steigerung ist nicht möglich, aber man kann sie gebrauchen, um das Bild schärfer zu machen. Hass erzeugt das schwärzeste Schwarz der Welt. Es füllt die Köpfe von Fanatikern und Rachegeistern, die in ihrer Umgebung besonders überfreundlich auftreten. Allein die Übertriebenheit ist schon ein Alarmzeichen. Man lernt das auf jeder Schaupielschule, und das Ergebnis heißt dann „Schmierentheater“. In alten Bauernkomödien gehört das zum Werkzeug. Als ich zehn  Jahre alt war, tauchte in meiner Geburtsstadt ein bayerisches Wandertheater auf, damals völlig exotisch in Norddeutschland. Im ersten Teil ihres Programmes tanzten und sangen sie in Bauerntrachten, auch von den „Holzhackerbuam“, den Holzfällern. Im zweiten Teil gab es die krachlederne Kommödie „Der verkaufte Großvater“. Liebe und Lüge im Dorf. Hinterhältigkeiten. Jahrzehntelange Feindschaften und Hass.

Der Hass ist ein Ur-Element, genauso wie das Glück. Vom letzten Wort bekommen die wenigsten etwas. Sie glauben aber oft, dass sie ein Recht darauf haben. Statt ihre Denkweise zu ändern, werden sie vom Hass überschwemmt. Man erkennt sie an ihren Übertriebenheiten. Zu große Neugier, zu wenig natürliche Distanz. Einmischung in Dinge, von denen sie nichts verstehen oder auch kein Interesse haben. Gelingt das nicht, vergrößert sich tief drinnen der Hass und macht Alles, um unbemerkt zu bleiben. Eine Hauptquelle aller Verbrechen. Die anderen stehen im Dekalog, den Zehn Geboten der Bibel. Deren letztes Buch ist die „Johannes-Apokalypse“. Das Stichwort findet man direkt unter diesem Text. Klickt man darauf, sind 45 eigene Artikel dazu zu finden.

Dem Hass kann man aus dem Weg gehen, aber er ist klebrig. Der Physiker Albert Einstein wusste das auch. Er schrieb, „Das Böse ist in der Welt, Aber warum gibt es so Wenige, die sich dagegen wehren?“ Bis 1932 lebte Einstein in Berlin. Bereits weltberühmt, flüchtete er dann über mehrere Zwischenstationen nach Amerika und blieb dort an der Universität Princeton. Länger wartete sein Korrespondenzpartner Sigmund Freud. Erst 1938 sah er ein, dass er in seiner Heimatstadt Wien nicht mehr bleiben konnte, weil er bedroht wurde. Am 4.6.1938 verließ er Österreich mit dem Zug. In London war bereits ein Privathaus für ihn hergerichtet worden. Auch die berühmte Patienten-Couch steht jetzt dort. Dort lebte er bis zu seinem Tod am 23.9.39.

Freud hat nicht nur nach dem Grund von Hass gefragt. Er hat ihn gründlich erforscht und gedeutet. In seiner Schrift „Massenpsychologie und Ich-Analyse“, erklärt er, warum ganz normale Menschen in einer großen Menge, in einer Sportveranstaltung oder aufgeheizten politischen Treffen, plötzlich wie eine einzige Masse regieren, ein ferngesteuertes Wesen wie aus einem Kinofilm. Das läuft dann nicht mehr auf der Leinwand oder großen Monitoren herum, sondern ist eine Masse selbst, mit vielen Köpfen. Es hat  einen sehr alten Namen, sonst auch viele andere: Luzifer. Das heißt wörtlich „Lichtbringer“. Er war ein Engel, der aus dem Paradies verstoßen und in den Abgrund gestürzt wurde. Die Unterwelt. Der Grund: Er hatte als Engel gegen die göttliche Weltordnung protestiert und sich dagegen aufgelehnt. Als Satan verbreitet er nur noch Hass. Beim Weltuntergang wird er von anderen Engeln vernichtet. Dann kommt das Jüngste Gericht, mit der Verstoßung aller Sünder in die Hölle. Die Gerechten leben weiter im Paradies, an der Seite Gottes, bis an das Ende aller Tage.

Auch diese Geschichte ist ein Symbol, ein Gleichnis. Sie steht in der Johannes-Apokalypse. Der Autor war der Lieblingsjünger des gekreuzigten Christus und schrieb seinen Text als alter Mann. Auch dazu wurden hier schon viele Kommentare geschrieben, man findet  sie sofort, wenn man das Stichwort verwendet und nachliest. Das Lesen allein ist nur die Vorstufe, finden kann man die Tatsachen jeden Tag, in der Realität.

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