Rossinis Semiramide, Teil 1

31,7.2021.  Die ersten schriftlichen Gesetze sind sehr alt. Die Stadt Babylon war unter König Hammurabi (1792 – 1750  v. Chr.) die Zentrale  seines berühmten Reichs. Zu seiner Zeit entstand das älteste, vollständig erhaltene Gesetzbuch, der „Codex Hammurabi“. Aufgezeichnet wurde der Text  auf einem 2,3  Meter hohen Pfeiler aus Stein. Er hat rund 8000 Wörter,  die  in altbabylonischer Monumental-Keilschrift niedergeschrieben wurden.

Die Regeln beschreiben die öffentliche Ordnung, das private Recht, die Schwerverbrechen und die Bekämpfung des sonstigen Unrechts. Inhaltlich gleichen sie den wichtigsten Gesetzen der Gegenwart. Vorher wurden solche  Regeln mündlich überliefert oder vom wechselnden Alleinherrscher vorgeschrieben. Heute haben wir das andere Extrem: Es gibt viel zu viele schriftliche Gesetze und deshalb auch Streitigkeiten, die erst nach mehreren, jahrelangen  Berufungsinstanzen ein vorläufiges Ende haben, wenn nicht ein schlauer Anwalt noch eine Lücke findet.

Das ist sicher nicht das letzte Wort. Die falschen Extreme werden noch gebändigt. Das garantieren die Datenbanken. Wenn ihre Auswertungen durch schnell reagierende Programme verglichen werden und ihre Qualität öffentlich nachprüfbar ist, kann damit grundsätzlich  jeder arbeiten, der die Informationen hat. Beim Ergebnis mitwirken dürfen aber nur die Besten, die sich auch schnell ermitteln lassen.

Schuld und Verbrechen im alten  Babylon vor viertausend Jahren waren  Thema von vielen anderen Abenteuergeschichten, auch Opern griffen dabei gern zu. Semiramide ist der Name einer Königin  im alten Babylon. Rossinis reifes Spätwerk „Semiramide“ wurde am 3.2.1823 urusfgeführt, im Opernhaus La Fenice in Venedig.  Rossini, der  Komponist der berühmten Komödie „Barbier von Sevilla“ von 1816,  arbeitet bei dem Drama aus der Frühzeit von  Babylon im tragischen, ernsten Fach. Trotzdem ist seine Klangsprache unverwechselbar: Zündende Melodien und Rhythmen. Mit guten Sängern besonders stark.

In Venedig wurde 2017 dazu eine sehenswerte Inszenierung geschaffen. Vor Allem das Bühnenbild von Nicolas Bovey, Jahrgang 1996, enthält überraschende Elemente. Ein bühnenfüllender, goldfarbener Hintergrund, eine große Wand  zu Beginn, ohne zusätzliche Störelemente, hat eine Signalwirkung: Das Gold der Herrscher. Also ein Wieder-Erkennungseffekt, an ähnliche Gestaltungen.  Sehr deutlich wird dabei, später eine kleine, seitlich offene Wand, mit einer kreisrunden horizontalen Scheibe davor und  dem Chor in weißen, langen antiken Gewändern. Und dann bleibt kein Zweifel mehr: Das Bühnenlicht verändert sich, dunkelblau und die große  Boden-Scheibe dreht sich langsam, leuchtet sternförmig, geheimnisvoll, umringt vom Chor. In der Bühnen- Decke ist jetzt  eine kreisrunde Öffnung, ein Blick in die Außenwelt,  mit blühenden grünen Pflanzen.

Die Idee mit der kreisrunden Platte als dominierendes Bildzentrum wurde oft verwendet von Wieland Wagner (1917 – 1966). Es war   sein starker, symbolischer „Weltenkreis“, vor  dem sich, ohne Spielereien  das tagelange, universale „Welten-Drama“  vom „Nibelungenring“ abspielte, mit Lichtwirkungen und einer ausgefeilten Personen-Regie. Die Tragödie von der Beschädigung und dem Untergang der Welt durch betrügerische Habgier und später auch  das grenzensprengende, ekstatische  „Tristan“-Drama.

Solche  Zeiten sind vorbei, aber diese Aufführung erinnert daran, mit ihren eigenen Methoden. So zeigte es tatsächlich, vor vier Jahren das Teatro La Fenice (Phönix) in Venedig, mit den Solisten: Semiramide (Jessica Pratt) Arsace (Teresa Iervolino) Assur (Alex Esposito).  Inszenierung:  Cecilia Ligorio, Bühnenbild: Nicolas Bovey (236 Minuten). Hier kann man das sehen:

https://www.youtube.com/watch?v=HrY6XHdvQ6I 

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