6.12.2021. Im Sommer 1965 habe ich angefangen, selbst Gedichte zu schreiben. Auch unter dem Eindruck der Shakespeare-Sonette, die ich damals übersetzt habe. Beim Aufräumen tauchten sie plötzlich wieder auf, nach Jahrzehnten. In Verbindung mit den Artikeln der letzten Tage haben sie eine ganz neue Wirkung. Damals waren es nur Phantasien, bekamen ihre Energie aber aus der Wirklichkeit, mit fünfzehn Jahren. Zum Beispiel, Teil 1:
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Wie schwer – verglühen die lichten Tage, wenn Silberschwäne durch das Blau des Morgens ziehen,
wenn wilde Raben durch den Sommerabend rauschen und scharf die heißen Sonnen in die Erde schneiden.
Da singt der dunkle Reiher noch vom Gehen und Werden, und später fällt die Nacht auf uns herab.
Nordsee
Abends am fremden Strand. Allein mit der tiefrot verglühenden Sonne.
Im Osten erhebt sich langsam die schwarze Himmelsmauer der Nacht,
vertreibt fast alle Wanderer Wir laufen los, die Sandhügel hinunter.
Weit draußen strahlen Schiffe, zucken Leuchttürme.
Am Ufer starren wir in schwarze Wogen und tauchen berauscht hinein.
Zu den fernen Lichtern getragen, wollen wir uns aus dem Wasser stemmen,
stoßen unsere Arme hoch, lachen, schreien.
Ganz nahe tanzen Menschen auf hellen Schiffen. Verklingt die Musik dort, verlöschen die Flammen,
tauchen wir in die brodelnde Dunkelheit, gleiten zurück durch schwarze Fluten,
fallen noch einmal in die Dünen.
Undeutlich dein Mund. Über mir deine Augen
und erbleichend
der Himmel
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Den zweiten Teil dieser „Sommernächte 1965“ findet man hier:
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