15.8.2021. Die Traumstadt Venedig habe ich zum letzten Mal im Sommer 1984 gesehen. Überhaupt nicht traumhaft ist sie in den bekannten Krimis von Donna Leon, Jahrgang 1942. Obwohl Venedig eine sehr niedrige Kriminalitätsrate hat, passieren in den Krimis die schrecklichsten Verbrechen, frei erfunden. Das soll in Italien aber nicht übersetzt und verkauft werden, so will es die Autorin. Die Hauptrollen in den Verfilmungen spielen deutsche Schauspieler, die perfekte Kostüme und Masken tragen, als wären sie dort aufgewachsen. Die Themen von Donna Leon (Frau Löwe) sind „Bestechung in Behörden, Umweltskandale, Rauschgiftverkauf an Jugendliche, Umgang mit Asylbewerbern, Sextourismus . Außerdem setzt sie sich kritisch mit der Art und Weise auseinander, wie sich Venedig immer mehr zum Nachteil der Einheimischen verändert.“ Wikipedia)
Vielleicht will Donna Leon in Venedig nicht belästigt werden, denn sie erklärte in einem Interview, dass sie überhaupt keine Angst habe, nachts durch die Straßen der Lagunenstadt zu gehen. Und so soll es auch bleiben. Dort laufen derart viele Touristen herum, dass die Bewohner nur noch als Kellner, Gondelfahrer oder Eisverkäufer zu existieren scheinen. Tatsächlich gibt es noch 259.000 feste Bewohner, und die sind es leid, dass überall Spuren von Menschenmassen sich ausbreiten. Seit kurzem ist es endlich verboten, dass riesige Superschiffe bis zum zentralen Markusplatz fahren. Ich fand vor vielen Jahren, dass Venedig zwar überfüllt ist, die Architktur, die Paläste und Brücken aber viel stärker sind. Die starken Übertreibungen muss man trotzdem unterlassen, weil die Häuser auf alten Holzpfählen im Wasser stehen, auf mehr als 100 Inseln in der Lagune von Venedig. und dabei langsam immer tiefer sinken.
Was die Touristen finanziell in der Stadt lassen, wird in der Hauptstadt Rom gebraucht, die dafür sorgt, dass Alles gut aussieht und repariert wird. Das kostet viel Geld, aber wohl auch nicht so viel wie die Touristen ausgeben. Im Urlaub hängen die vollen Geldbörsen locker um den Hals der Besucher, mit dünnen Halsbändern, damit sie nicht geklaut werden. Noch bequemer sind die bargeldlosen Zahlungen, längst auch für Kleinbeträge, Abendessen und Hotels. Rom kümmert sich um Alles, leider nicht genug um die Regionen südlich von Neapel. Dort kämpft die Landwirtschaft mit Zitronen und Wein immer noch gegen die niedrigen Konkurrenzpreise auf dem Weltmarkt. Deshalb sind viele Betroffene ausgewandert, vor hundert Jahren nach New York und weiter nach Westen, vor sechzig Jahren noch schneller, nach Deutschland. Duisburg und München sind sofort daran erkennbar. Die früheren Gastarbeiter haben hier längst eine neue Heimat gefunden, freiere Sitten und mehr Spielraum. Milva singt dazu, natürlich in einer Münchner Großmarkthalle, „Freiheit in meiner Sprache heißt Libertà“:
https://www.youtube.com/watch?v=gEt31pOl-F4
Freiheit ohne Geld geht gar nicht. Geschäftstüchtigkeit ist sehr beliebt. In den Großstädten gibt es dafür mehrere Stockwerke. Wenn man nur in der Mitte unterwegs ist, kann man in alle Richtungen schauen, nach unten sogar, am Ende und am Beginn jedes Arbeistags. Zur Seite überall hin, auch zu den fremdsprachigen Nachbarn aus fernen, unbekannten Kontinenten. Bis ganz oben braucht man einen Aufzug, der reicht aber für Kurzbesuche. Sonst wird es anstrengend. Also kann man sich das auch sparen. Denn Informationen fließen durch die dicksten Wände. Jeder kann sich aussuchen, ob sie überflüssig sind. Das zu beurteilen, gelingt manchmal sogar den ganz alten Hasen nicht, und sie hören mit ihren großen Ohrlöffeln nicht Alles. Ein Spiel für Alle.
Venedig und Padua sind nur 37 Kilometer von einander entfernt. Dort starben vor vielen Jahren zwei Weltgeister. In Padua der Theaterdramatiker William Shakespeare. Ihm habe ich am 23.11.20 eine eigene Webseite gewidmet. „Zeichen und Bilder“:
In Venedig starb der Musikdramatiker Richard Wagner am 13.2.1883. Ihm ist das erste Kapitel dieser Webseite gewidmet und das Thema „Die Deutung der Symbole“, direkt unter diesem Text. Am Vorabend seines Todes las er seiner Familie vor, aus „Romeo und Julia“ von Shakespeare, Jahrgang 1564, also dreihundert Jahre früher. Persönlich gekannt haben sich die beiden natürlich nicht, aber innerlich standen sie sich ganz nahe. Ihre einzige Gemeinsamkeit, aber das gilt auch für mich. Venedig noch einmal wieder zu sehen, ist deshalb nicht notwendig. Geographische Orte sind dafür unwichtig, auch in der Zukunft wird es so sein.
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