Traumstädte unterwegs

14.6.2021. Traumstädte und Sehnsuchtsorte können ihren Glanz verlieren, wenn der Lack ab ist. Als die frühere Hauptstadt Berlin, nach dem Zweiten Weltkrieg, zu einer einsamen Insel im Osten wurde, steigerte sich München wie eine Rakete zur „heimlichen Hauptstadt“. Die große Kultur, außerdem Film und Fernsehen, zogen um, an die Isar, gemeinsamen mit ihren raschelnden Nachtfaltern und Eintagsfliegen. Als die Groß-Industrie  und  die Computer immer stärker wurden, sammelten sie sich vor dreißig Jahren im Isar-Valley, nicht zu verwechseln mit der Mutter, dem „Silicon-Valley“ in Kalifornien. Kurz vorher brach der politische Ostblock zusammen, und Menschenmassen, nicht nur mit sächsischem Dialekt, strömten nach Süddeutschland. Immer mehr heiße Luft kam dazu. Es entstand eine riesige Seifenblase, die zwischendurch immer mal wieder platzte und neu aufgeblasen wurde. Die alten Münchner mieden das Oktoberfest immer mehr, weil dort bunte Modetrachten und Discomusik die malerischen Bauerntrachten verdrängten.

Jetzt konnten Alle ein Jahr lang  tief Luft holen. Die Bestandsaufnahme ergab, dass es dabei  zu Abwärtsbewegungen gekommen ist, die nicht mehr steigerungsfähig waren, obwohl in den Straßenbahnen ständig auf voll geladenen Mobiltelefonen herumgetippt wurde. Nervende Spielereien wurden atemlos, ohne Verstand,  durch die Welt gesandt, Passanten damit belästigt, wie bei einer Unterhaltungs-Show, die Niemand sehen will, aber grinsend und winkend einfach weiterläuft.

Wie immer lohnt sich ein Blick zurück nur dann, wenn etwas Wissenswertes dabei herauskommt. Die Münchner Kultur war einmal sehr vielfältig, aber die anschwellende, große  Zahl der Mitwirkenden hat zu oft die Qualität nicht gesteigert. Die großen Industriekonzerne sind längst keine Alleinherrscher mehr, sondern müssen auf dem unruhigen Weltmarkt viel Konkurrenz ertragen. Neuerdings werden die Erfolge von China zum Angstmacher umfrisiert, obwohl eine starke Leistung dahinter steckt, die in anderen Ländern nur vorgetäuscht oder schön gefärbt wird.

Zu Recht vermissen kann man das, was im, bisher nasskalten Halbjahr fehlte, aber früher eine große Rolle spielte: Gesellige Abende in gemütlichen Stammlokalen oder in den noch nicht zugemüllten Flusslandschaften an der Isar. Ein Zentrum war der Flaucher in Thalkirchen. Wenn man in  der Nähe den Stadtbus verließ, kam zuerst  eine alte bayerische Wirtschaft mit Garten, die keine Nachbarn hatte und deshalb auch keine Sperrstunde. Dann folgte ein Holzsteg über den Flusse, wo Viele auch  am stillen Ufer die ganze Nacht verbrachten. Dann tauchte der große Tierpark Hellabrunn auf. Den weiteren Fußweg nach Süden konnte man stundenlang entlang wandern, überall gab es beliebte Plätze und Biergärten.

Selbst daran kann man im Lauf der Jahre das Interesse verlieren, wenn die Besuchermassen und die Gewohnheiten keine angenehme Einladung mehr sind. Wenn man etwas zu oft gesehen hat, kann das auch abstumpfen, und die sonstige Auswahl im Stadtgebiet ist sehr groß. Allerdings nicht mehr so aufregend. Zum Thema „Flaucher“ gibt es hier schon ein paar andere Beiträge:

https://luft.mind-panorama.de/?s=flaucher&x=17&y=8 

Die gerade genannte, kleine Auswahl bedeutet für Bewohner anderer Länder zunächst einmal gar nichts. Aber die Parallelen, die weltweiten Gemeinsamkeiten werden im Lauf der Zeit immer klarer erkennbar. Was sich im Großen abspielt, läuft auch im Kleinen ab. Der grenzenlose Makrokosmos und der winzige Mikrokosmos haben ähnliche Abläufe und Entwicklungen. Auch die Knalltüten,  das sind die vermeidbaren Fehler in der Planung von großen Projekten, die hohe finanzielle und menschliche Schäden verursachen, ohne dass Jemand sich rechtzeitig darum kümmert. Und die  Missachtung von Regeln, die überhaupt nicht geheim sind, aber immer wieder für Ärger sorgen, weil sich nicht Jeder daran hält. Haben die Mitwirkenden keine Lust oder keine Ahnung? Informationslücken kann Jeder selbst schließen.

Alle Vergleiche mit der Vergangenheit können etwas schön färben und verzaubern, das verloren gegangen ist. Allerdings lebt es im Gedächtnis, das wie ein eigenes Universum das Beste speichert, mit zahlllosen Details. Veränderungen sind auch Chancen, also Verbesserungsmöglichkeiten. Auch dafür muss es ein geeignetes Publikum geben. Wer daran zweifelt, kommt vielleicht noch  auf bessere Ideen, die dann einen ganz eigenen  Wert haben.

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